Quero: Abend mit zwei Glanzlichtern

Von Gordian Beck
Schwerelose Töne im Zentrum: Ramón Ortega Quero bezauberte an der Oboe zusammen mit der Prague Philharmonia die Zuhörer. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Schön, aber nicht mitreißend. Dann aber plötzlich doch beglückend: Das war das Abonnementkonzert der Kulturfreunde im Zentrum mit der Prague Philharmonia. Für die Höhepunkte sorgte vor allem  Ramón Ortega Quero an der Oboe. 

 
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Albinoni, Marcello, Mozart. Damals wie heute hoch gehandelte Namen. Ihre Werke sind in der Welt nach wie vor präsent. Ein Konzertprogramm auf ihren Schultern abzulasten, ist a priori daher keine schlechte Idee. Wenngleich nicht besonders originell.

Insofern nahm sich das Programm des zehnten Abonnementkonzerts der Bayreuther Kulturfreunde nicht gerade spannend oder aufregend aus. Auch wenn sich mit Johann Bernhard Bach und František Ignác Tůma zwei Komponisten der Barockzeit auf dem Programmzettel fanden, die ob ihrer Bekanntheit eben nicht zu den wirklich Großen gezählt werden. Und so war es am Mittwochabend im fast ausverkauften Europasaal in erster Linie dem Oboisten Ramón Ortega Quero vorbehalten, dieses sich doch über weite Strecken sehr dem barocken Gleich- und Wohlklang ergebende Konzert zu veredeln. Weil seine Interpretationen des d-Moll-Konzerts von Allessandro Marcello sowie des berühmten C-Dur-Konzerts Wolfgang Amadeus Mozarts eben nicht Standard waren.

Ein Geniestreich

Um nicht falsch verstanden zu werden, das ihn begleitende und die drei anderen Programmpunkte des Konzerts gestaltende Kammerorchester der Prague Philharmonia lieferte keinesfalls Dienst nach Vorschrift ab. Unter Leitung der beiden Konzertmeister Jan und Jakub Fišer wurde durchaus inspiriert musiziert. Aber eben auch konventionell. Stimmige Tempi, akkurate Phrasierungen, schnörkelloses wie transparentes Spiel, all das war zu hören und zu genießen. Doch mitreißend oder gar berührend war es nicht. Kurz, es fehlte der Kick. Auch wenn es bisweilen durchaus Interessantes zu entdecken gab. Wie beispielsweise in der Partita in d-Moll František Ignác Tůmas, in deren dritten Satz, einer Arietta, ausgerechnet die Bratsche ebenso unerwartet wie ungewöhnlich zum Soloinstrument avanciert. Ein wahrlich musikalischer Geniestreich! Vor allem deshalb, weil der sonore Tonfall der Viola ein im Vergleich zur Sologeige wunderbar kontrastierendes Klangbild generiert. Ein beglückender Moment.

Schwerelose Töne

In diese Kategorie fielen allerdings auch die beiden Auftritte Queros. Nicht nur ob dessen staunenswerter Spielfertigkeit, nein, in erster Linie ob seines scheinbar schwerelos im Raum schwebenden Tones. Ein echtes Kunststück angesichts der zwar guten, aber doch eher trockenen Akustik im Europasaal! Wobei Quero nicht nur über die dazu nötige ausgefeilte Atemtechnik verfügt, sondern auch über ein außergewöhnliches musikalisches Gespür für den besonderen Augenblick, den magischen. Wie etwa im zweiten Satz des d-moll-Konzerts Alessandro Marcellos.

Da zauberte Quero förmlich, zog sein Instrument fast zur Gänze in die Horizontale hoch und kreierte so förmlich Sphärenmusik. Oder im Rondo des Oboenkonzerts Mozarts, das er quasi aus dem Nichts heraus zum heiteren, fast schon übermütig anmutenden Tanz werden ließ. Im Publikum reagierte man auf diese außergewöhnliche Darbietung mit frenetischen Applaus und lauten Bravorufen.

So gesehen, ein durchaus animierender Konzertabend. Allein, etwas mehr konzeptionellen Mut in der Programmgestaltung hätte man sich gewünscht; warum nicht etwa Barockes mit Zeitgenössischem konfrontieren? Möglichkeiten, ein Konzertprogramm spannend und aufregend zu gestalten, gibt es schließlich heute wie Sand am Meer. Man muss sich nur darum bemühen. Der Konzertbesucher hat einen Anspruch darauf.

 

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