Prozess in Kulmbach Schmerzmittel im BH

Stephan Herbert Fuchs
  Foto: picture alliance/dpa/Volker Hartmann

Eine Frau wird mit 2,6 Promille in die Kulmbacher Klinik eingeliefert. Dort packt sie an Medikamenten ein, was sie findet. Es ist nicht ihr einziges Problem. Einige Tage später beleidigt sie Polizisten. Doch es gibt Hoffnung auf Besserung.

 
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Kulmbach - Der Vorwurf klang auf dem ersten Blick absolut spektakulär: Eine junge Frau soll im Klinikum Medikamente gestohlen haben. Bei näherem Hinsehen blieb davon allerdings nur wenig übrig. Bei den Medikamenten handelte es sich um mehrere spontan und wahllos entnommene Packungen aus einem Schrank in der Notaufnahme, außerdem war die Frau ganz offensichtlich alkoholbedingt nicht mehr ganz bei Sinnen.

Eingeliefert wurde die 28-jährige Verkäuferin aus dem Landkreis am Abend des 2. April, weil sie zuvor hingefallen war und sich dabei das ganze Gesicht aufgeschrammt hatte. Sie konsumierte zuvor am Fuße des Festungsbergs zusammen mit drei anderen Personen zwei Literflaschen Wodka und brachte es dabei auf eine Blutalkoholkonzentration von über 2,6 Promille.

Nachdem die Frau ins Klinikum gebracht wurde, kümmerte sich zunächst ein Krankenpfleger um sie und wollte ihr Blut abnehmen. Als er kurz das Zimmer verließ, hörte einen lauten Schlag. „Zuerst habe ich gedacht, der Patientin ist etwas passiert“, sagte er als Zeuge vor Gericht. Als er wieder in das Zimmer eilte, erblickte er zuerst einen umgefallenen Infusionsständer und er sah, wie die Frau aus einem Medikamentenschrank mehrere Packungen Schmerzmittel, Blutdrucksenker sowie Herztabletten entnahm und bei sich in den Büstenhalter stopfte. Da rief er zunächst einen Kollegen, später die Polizei herbei, denn die Frau wollte die Tabletten nicht mehr herausrücken.

Die Frau hatte daran kaum mehr eine Erinnerung. „Ich weiß nur noch, dass ich in der Ausnüchterungszelle der Polizei aufgewacht bin“, erklärte sie vor Gericht. Unumwunden gab die 28-Jährige zu, dass sie damals noch an einem jahrelangen Alkoholproblem gelitten habe. Nachdem ihr Verlobter kurze Zeit danach in Juni an den Folgen übermäßigen Alkoholkonsums schwer erkrankt und ganz plötzlich verstorben war, habe bei ihr ein Umdenkprozess stattgefunden.

Tatsächlich hatte sie ihr Leben seitdem wieder auf die Reihe gebracht. Eine stationäre Therapie, zu der sie sich freiwillig begeben hatte, war bislang erfolgreich, sie geht regelmäßig zur Nachsorge und ist bei den Anonymen Alkoholikern. Auch eine Arbeit hat sie zwischenzeitlich wieder gefunden. „Ich trinke wirklich keinen Alkohol mehr, ich bin absolut clean“, versicherte sie vor Gericht.

Daneben wurde der Frau auch vorgeworfen, wenige Tage später nach dem Vorfall im Klinikum während eines Trinkgelages bei der Bahnunterführung am Pörbitscher Weg einen Polizisten beleidigt zu haben. Der Beamte erteilte wegen der Corona-Beschränkungen einen Platzverweis. Die Angeklagte wollte nicht, dass der Polizist sie mit seiner Body-Kamera filmt und da rutschte ihr die Beleidigung heraus. Leugnen war zwecklos, denn das Gericht sah sich während der Verhandlungen die Aufnahmen der Body-Cam an.

Dabei war die Frau in der Vergangenheit immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt geraten. 2015 wurde sie wegen Straßenverkehrsgefährdung und Unfallflucht zu einer Geldstrafe verurteilt, 2018 wegen Beleidigungen, Sachbeschädigung, einem tätlichen Angriff auf einen Polizisten und Körperverletzung zu sechs Monaten auf Bewährung. In beiden Fällen war Alkohol die Ursache. Eine weitere Verhandlung wegen des Diebstahls zweier Wodka-Flaschen steht demnächst an.

Wegen Beleidigung und Diebstahl verurteilte Richterin Sieglinde Tettmann sie zu 1200 Euro Geldstrafe. Die Angeklagte sei auf einem guten Weg, sagte sie. Die Angeklagte habe massiv alkoholbedingt enthemmt gehandelt, sie habe sich, soweit es ihr möglich war, geständig gezeigt und bereue die Vorkommnisse.

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