Projekt „AktMel“ Forscher feilen am Busverkehr

Die Busverbindungen im Landkreis sollen ausgebaut werden. Foto: /M. Bäu.

Das Forschungsprojekt „AktMel“ ist abgeschlossen. Landkreise haben bald Zugriff auf aktuelle Daten der Einwohnermeldeämter.

 
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Wunsiedel/ Hof - Abseits der Städte geht ohne Auto oft nichts. Der mangelnde Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs ist der Grund dafür. Mit seinem Forschungsprojekt „Aktuelle Meldedaten“ (AktMel) will das Institut für Informationssysteme der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hof genau diesem Problem entgegenwirken. Anhand pseudonymisierter und geocodierter Einwohnermeldedaten soll die Infrastrukturplanung verbessert werden. Das Pilotprojekt wurde mit dem Landkreis Wunsiedel getestet. Weitere Projektpartner waren die Firma Riwa und die Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB). Förderer war das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV).

Landkreis Wunsiedel als Projektpartner: Einen großen Teil zur zweijährigen Forschung trug das Landratsamt im Landkreis Wunsiedel bei. Hier wurden aufbereitete Dummy-Meldedaten für den Ausbau und die Optimierung von Systemen des Personennahverkehrs genutzt. Das heißt, die Forscher verwendeten die Meldedaten für verschiedene Aufgaben zur Analyse des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) im gesamten Landkreis Wunsiedel, der auch das Untersuchungsgebiet ist. Anschließend werteten sie die Daten aus und erstellten Lösungen.

Herausforderungen im Landkreis: Bei der Abschlussveranstaltung des Projekts „AktMel“ geht Alexander Bock, der beim Landkreis Wunsiedel für den Bereich Mobilität zuständig ist, auf die schwierige Ausgangssituation des Landkreises ein: „Durch unsere Lage im ländlichen Raum ergibt sich für unsere Mobilität beziehungsweise den ÖPNV eine Menge an Herausforderungen, mit denen wir uns in der Planung auseinandersetzen müssen. Es liegt ein großer Fokus auf dem Schulbusverkehr. Zu den übrigen Zeiten haben wir bei den herkömmlichen Linienbussen weniger Angebote. Die Bürger sind es gewöhnt, mit dem Auto zu fahren und lassen sich nur sehr schwer davon abbringen.“ Der ÖPNV hat laut Alexander Bock ein schlechtes Image auf dem Land. Die Vorurteile sind meist, dass der Bus unzuverlässig, unpünktlich oder sogar veraltet sei und kaum fahre. Dagegen lässt es sich laut dem Mobilitätsbeauftragten nur sehr schwer ankämpfen. Ein weiteres Problem sieht Bock an den drei Schulzentren. Denn es soll allen Schülern ermöglicht werden, mit dem Bus zur Schule zu kommen. Das funktioniert derzeit nicht ganz.

Aktuelles ÖPNV-Angebot: Ständige Verbesserung im Personennahverkehr ist für Alexander Bock sehr wichtig. Das aktuelle ÖPNV-Angebot soll zeigen, dass der Landkreis eigentlich gar nicht so schlecht aufgestellt ist: „Wir haben 17 Buslinien, die in erster Linie darauf ausgerichtet sind, Schüler zu befördern.“ Als Ergänzung dazu gibt es laut Bock ein Bedarfsverkehrssystem mit zwölf Linien – das „Fichtelbaxi“. „Außerdem haben wir im Zeitraum von Mai bis Oktober ein Fahrrad- und Freizeit-Busnetz, das sich in erster Linie an Touristen richtet.“ Für Jugendliche gebe es zudem ein Fifty-fifty-Taxi, bei dem sie am Wochenende zum halben Preis fahren können und den Nightliner, so Alexander Bock. „An verschiedenen Orten im Landkreis, darunter Marktredwitz und Selb, gibt es aktuell auch ein Carsharing-Projekt“, erklärt er.

Ziele des Landkreises mit „AktMel“: Aus diesem großen Angebot heraus formuliert der Beauftragte für Mobilität verschiedene Ziele des Landkreises, die sich mit „AktMel“ umsetzen lassen. „Wir wollen das vorhandene Angebot optimieren“, sagt Bock. Mit dem Online-Zugriff auf aktuelle Daten der Einwohnermeldeämter können bestehende Buslinien bewertet werden: Wo lassen sich neue Buslinien einführen? Wie ist das zu planen? Wie entsteht für die Bevölkerung eine bessere Erreichbarkeit? Sind mehr Haltestellen möglich? Haben gezielte Angebote für verschiedene Altersgruppen Sinn? Brauchen wir Sonderverkehre? Diese Fragen lassen sich mit den anonymen und geocodierten Einwohnerdaten beantworten. „Für den Landkreis Wunsiedel ein rechtssicherer und effizienter Schritt in Richtung Planungssicherheit. Die Mobilität gestaltet sich dadurch aber auch nachhaltiger“, fasst Landrat Peter Berek zusammen. Die Daten-Nutzung beschränke sich nicht nur auf die Mobilität. Die Sozialplanung lasse sich ebenfalls optimieren.

Ergebnisse der „AktMel“-Anwendung: Vonseiten der Anwender, also des Landkreises, erklärt Aleksandra Weigel vom Landratsamt Wunsiedel, wie das vorhandene System anhand von „Dummydaten“ - also keinen echten Daten - habe untersucht werden können und auf welches Ergebnis die Mitarbeiter gekommen seien. Dabei hätten sie drei Ansätze gehabt: Haltestellen-, Buslinien- und Schulverkehrsplanung. Am Beispiel der Haltestellenplanung erklärt Weigel das Prinzip des Systems: „Wir haben uns alle Haltestellen innerhalb der Gemeinde Röslau anzeigen lassen. Die Haltestellen wurden mit unterschiedlichen Umkreisen versehen. Im innerstädtischen Bereich waren es 350 Meter, auf dem Land 600 Meter. Dadurch konnten wir überprüfen, inwiefern die Haltestellen überlappen.“ Liegen die Haltestellen weit auseinander, sei dies ein Hinweis darauf, dass die Linie nicht optimal geplant ist. Dieser Bereich lässt sich laut Weigel mit dem „AktMel“-System eingrenzen. Daraus ließen sich dann die Einwohnerzahlen ablesen und interpretieren. Fazit: Das „AktMel“-System ist laut Weigel für die Mobilitätsplanung sinnvoll - allerdings nur mit den Echtdaten.

„AktMel“ zusammengefasst
Problemstellung: Einwohnermeldedaten werden für unterschiedliche Planungsaufgaben benötigt, zum Beispiel im Bereich des Personennahverkehrs. Es gibt jedoch keine einfache und effiziente Möglichkeit für den Zugriff auf Meldedaten zur Unterstützung solcher Planungsaufgaben. Das liegt an der Datenschutzgrundverordnung. Besonders bei Gruppenauskünften gibt es große rechtliche Unsicherheiten, denn: Die Identifizierbarkeit von Personen stellt eine große Gefahr dar.
Projektziel: Das Projekt „AktMel“ schafft eine Lösung, mit der Meldedaten rechtssicher und effizient für Planungsaufgaben im Bereich der Mobilität eingesetzt werden können. Rechtliche Vorgaben lassen sich in lesbarer Form eingeben. Während der Verarbeitung der Daten werden diese überprüft. So wird in transparenter Form sichergestellt, dass die gelieferten Daten den Vorgaben entsprechen. Dieser Ansatz ermöglicht auch die schnelle Integration neuer Regeln aufgrund der aktuellen Rechtsprechung sowie kommender Gesetze.
Durchführung: Schwerpunkt des Projekts war die Entwicklung einer formalen Sprache. Die rechtlichen Zusicherungen wurden damit verständlich formuliert und vom System zuverlässig und transparent überprüft. Das Ergebnis kann aufgrund einer Zusicherung zurückgewiesen werden. Für den Fall wurden geeignete Verfahren zur Modifikation von Ergebnissen entwickelt. Die Verfahren stellen sicher, dass alle Zusicherungen erfüllt sind und der Anfragende trotzdem ein sinnvolles Ergebnis erhält.

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