Wissenschaftlern bereiten Quallen aus anderen Gründen Sorge. Der Weltklimarat IPCC warnte in einem 2019 veröffentlichten Bericht, die starke Ausbreitung der Quallen führe zu einer „Gelifizierung“, also einer Art Verschleimung, der Meere. Fabien Lombard hat Zweifel: „Wir haben keine verlässlichen Messungen, die zeigen, dass es mehr Quallen gibt.“
Symptom der Überfischung der Meere
Er räumt allerdings ein, dass es „in den 80er und 90er Jahren in Villefranche-sur-Mer abwechselnd fünf bis sechs Jahre mit Quallen und fünf bis sechs Jahre ohne Quallen gab“. Dieses Jahr sei aber „schon das 25. in Folge mit Quallen“.
Lombard warnt jedoch davor, die Quallenplage an sich als Problem anzusehen. Vielmehr sei sie ein Symptom der Überfischung der Meere.
Auch für Lovina Fullgrabe vom korsischen Meeresforschungsinstitut Stareso ist die Überfischung etwa von Thunfischen und Meeresschildkröten, die beide Quallen fressen, eine der plausibelsten Hypothesen, um das häufigere Vorkommen von Quallen zu erklären.
Schon seit etwa 600 Millionen Jahren bevölkern Quallen die Meere. Die Wissenschaft hat den Nesseltieren einige Durchbrüche zu verdanken. Der Chemie-Nobelpreis von 2008 zum Beispiel wurde für die Verwendung des Leuchtstoffes aus Quallen bei der Visualisierung von Zellprozessen verliehen, etwa in der Alzheimer-Forschung.
Quallen als Futter in der Fischzucht
Die US-Raumfahrtbehörde Nasa untersucht mit Quallen Fortpflanzung in der Schwerelosigkeit und die Europäische Union will seit 2017 mit dem Projekt „GoJelly“ herausfinden, wie Quallen in der Ernährung, Düngung oder gegen Umweltverschmutzung eingesetzt werden könnten.
Lombard zufolge können Quallen als Futter in der Fischzucht oder zur Erhaltung der Bodenfeuchtigkeit, etwa im Weinbau oder dem Reisanbau, eingesetzt werden. Das Collagen der Quallen werde mitunter in Windeln oder Tampons verwendet, um Feuchtigkeit zu binden, und mache mancherorts sogar Beton flexibler und damit erdbebenfester, sagt der Meeresforscher. Zudem wird daran geforscht, wie Quallen bei der Knorpelbildung im menschlichen Körper helfen können.
Und als letztes Mittel könnten die Menschen Quallen ja immer noch essen, um ihren Bestand einzudämmen. Das hat zumindest die UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO schon 2013 vorgeschlagen.