Die Spekulationen, Putin könnte einen Atomkrieg anzetteln oder ein Nato-Land an der Ostflanke angreifen, bezeichnete Schröder als "Quatsch". Um eine Eskalation hin zu solchen Szenarien im Keim zu ersticken und die Beunruhigung der Bevölkerung nicht größer werden zu lassen, müsse neben der Unterstützung für die Ukraine ernsthaft über eine Lösung des Konflikts nachgedacht werden, betonte er.
Kreml reagiert erfreut auf Schröders Äußerungen
Der Kreml in Moskau begrüßte die Äußerungen Schröders. Gute, konstruktive Beziehungen auf persönlicher Ebene wie zwischen Putin und Schröder könnten bei der Lösung von Problemen helfen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow russischen Nachrichtenagenturen zufolge. Putin und Schröder hätten dies zu der Zeit, als Schröder im Amt war, wiederholt gezeigt. "Das hat dabei geholfen, die schwierigsten Fragen zu lösen und die schrittweise Entwicklung in den bilateralen Entwicklungen zu gewährleisten."
Die SPD-Spitze dürfte weniger erfreut über das erneute Bekenntnis ihres Ex-Parteivorsitzenden zur Freundschaft mit dem Kreml-Chef sein. Die Vorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken haben jeden Kontakt zu Schröder abgebrochen. Er wird auch nicht mehr - wie für frühere Parteichefs eigentlich üblich - zu SPD-Parteitagen eingeladen. Esken hatte das im vergangenen Jahr mit den Worten begründet: "Ich kann in Gerhard Schröder, den Altkanzler und ehemaligen Parteivorsitzenden, nicht mehr erkennen. Ich sehe ihn als einen Geschäftsmann, der seine Geschäftsinteressen verfolgt."
Schröder nimmt Parteiführung "nur begrenzt politisch ernst"
Die Frage, ob ihn die Ausgrenzung verletzte, verneinte Schröder in dem Interview. "Würde meine Frau meinen Geburtstag vergessen, das würde mich verletzen", sagte er und fragte dann: "Soll ich denn mein prinzipielles Verhältnis zur deutschen Sozialdemokratie, die die älteste demokratische Partei ist, die es in diesem Land je gegeben hat und bleiben wird, abhängig machen von Menschen, die ich nur begrenzt politisch ernst nehmen kann?"
Er werde so lange Sozialdemokrat bleiben, wie man ihn lasse, betonte Schröder. Dass er zu der gegenwärtigen Parteiführung kein besonders enges Verhältnis habe, sei ja bekannt. "Muss man aber auch nicht haben, um Sozialdemokrat bleiben zu können."
SPD-Sprecherin: Immer noch Schröder-Bilder im Willy-Brandt-Haus
Schröder beklagte in dem Interview aber, dass auf der Etage im Willy-Brandt-Haus, in der die Vorsitzenden ihre Büros haben, kein Bild von ihm hängt. "Das ist interessant. Da muss die SPD auch vorsichtig sein. Sie wissen, wo das auch der Fall war?", fragte er, um die Antwort dann selbst zu geben: "In den kommunistischen Parteien der Vergangenheit wurden natürlich die jeweiligen Führer, wenn sie weg waren, mal aus der Geschichte der Partei gestrichen. Also ich glaube, so weit geht die SPD nicht."
Eine SPD-Sprecherin erklärte dazu, dass es im Willy-Brandt-Haus auf der Etage, auf der die Vorsitzenden sitzen, keine Galerie der ehemaligen Parteichefs gebe. Es hingen dort aktuell "in unterschiedlichen Kontexten" Bilder des Gründervaters der deutschen Sozialdemokratie, Ferdinand Lassalle, sowie der früheren Parteivorsitzenden August Bebel, Willy Brandt und Andrea Nahles, sagte sie. Über die gesamte Parteizentrale verteilt seien aber weitere Bilder und Kunstwerke aus der Geschichte der Sozialdemokratie zu finden, "darunter auch welche von Gerhard Schröder".