Die AD kam nach Auszählung fast aller Stimmen auf mindestens 79 Sitze, die PS von Pedro Nuno Santos auf 77. Vier Sitze sind zwar in der Auszählung der Auslandsstimmen noch zu vergeben. An der heiklen Lage wird das aber nichts ändern. Eine "Große Koalition" gilt in Portugal als ausgeschlossen. Ähnlich wie im Nachbarland Spanien trennen die beiden Hauptparteien faktisch unüberwindbare Differenzen.
Politisches Desaster für PS
Für die PS, die bei der vergangenen Wahl Anfang 2022 noch 120 Sitze errungen hatte, ist der Wahlausgang ein politisches Desaster. Dabei war der frühere Erfolg der Sozialisten im In- und Ausland als das "portugiesische Wunder" gefeiert worden. Nach der Eurokrise hat Ministerpräsident António Costa das einstige EU-Sorgenkind seit seiner Amtsübernahme Ende 2015 jahrelang sehr solide geführt. Ausgabendisziplin, aber auch soziale Verantwortung zeichneten seine Arbeit aus. Die Wirtschaft wuchs all die Jahre fast immer und bis zuletzt über EU-Schnitt, die Schulden, aber auch die Arbeitslosigkeit wurden stetig zurückgeschraubt.
Doch nach der Pandemie setzten gleich mehrere Korruptionsskandale - unter anderem bei der staatlichen Fluggesellschaft TAP und der Förderung von Lithium- und Wasserstoff-Projekten - der Erfolgsstory der Linken jäh ein Ende. Präsident Marcelo Rebelo de Sousa rief im November Neuwahlen aus, nachdem Costa unter dem Eindruck der Affären zurückgetreten war. Costa ist seither geschäftsführend im Amt.
Neben den Korruptionsaffären wurde die Wahl auch von sozialen und wirtschaftlichen Problemen wie Wohnungsnot und hoher Inflation geprägt, die das Niedriglohnland besonders hart treffen - und laut Experten auch den Nährboden für den Rechtsruck boten. Es seien "die Stimmen des Protestes, die Stimmen derjenigen, die empört und gegen das System sind, der Wutbürger und der Peripherie", kommentierte das Boulevardblatt "Correio da Manhã". Diese Wähler dürfe man nicht stigmatisieren. Ventura sei ein "Hurrikan", dessen Erfolg Warnung und Verwarnung für die Traditionsparteien sei.