Ozapft is: Milch aus der Zapfsäule

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Frische Milch können Kunden seit Samstag im Vorraum des Schneider-Marktes an der Gravenreuther Straßen zapfen. Landwirt Dieter Keller (links) hat dort die erste Bayreuther Milchtankstelle aufgestellt. Nina Kronefeld-Schneider füllte die erste Flasche ab, beobachtet von Marktleiter Lothar Huppmann. ⋌Foto: Andreas Harbach Foto: red

Die Zeiten, als Kinder mit dem Milchkännchen zum Bauern um die Ecke geschickt wurden, um frisch gemolkene Milch zu holen, sind lange vorbei. Seit vielen Jahren versorgen uns Molkereien mit mehr oder weniger frischer Milch. Jetzt wurde die Zeit wieder ein Stück zurückgedreht. Dieter Keller, Milchviehalter aus Oberölschnitz bei Emtmannsberg, hat am Samstag im Vorraum des Edeka-Marktes Schneider an der Gravenreuther Straße eine Milchtankstelle eingerichtet. Aus der Zapfanlage fließt „schonend pasteurisierte“ Milch. „Milch, die wirklich frisch ist, die noch lebt“, betont Keller.

 
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Ein Jahr lang haben der 57-jährige Landwirt und seine Söhne Alexander und Christian, die beide in den Betrieb eingestiegen sind, gehirnt, wie sie neue Einkommensquellen erschließen können. Vom Verkauf der Milch der 120 Kühe, von der Aufzucht und dem Verkauf der Tiere könne man mehr schlecht als recht überleben, sagt Keller. Die Landwirtschaft aufzugeben kam für die Großfamilie nie in Frage. „Einen Betrieb verkauft man nicht“, sagt der Landwirt. Also haben sich die drei Landwirte auf die Suche nach Alternativen begeben, haben im Internet recherchiert und sind dort auf die Milchtankstelle gestoßen. „Wir haben Informationen gesammelt und Kostenangebote eingeholt“, sagt Keller. Bevor sie begannen, bei Einkaufsmärkten in der Region nachzufragen, flatterte ihnen die Anfrage des Edeka-Marktes Seidl in Kulmbach ins Haus. Marktleiter Michael Seidl hatte vom Vorhaben der Kellers erfahren und angefragt, ob sie in seinem Markt eine Tankstelle aufstellen wollten. Die Kellers wollten.

Kühlauto gekauft

Und mussten erst mal tief in die Tasche greifen. „Wir benötigten eine Pasteurisierungsanlage, die Zapfanlage und ein Kühlauto“, zählt Keller auf. Nach der Pasteurisierung wird die auf zwei Grad gekühlte Milch im Austauschtank nach Kulmbach gefahren. Jeden zweiten Tag wird der Tank der Zapfanlage gegen einen frisch gefüllten ausgetauscht. Die sechs Tage haltbare Milch besitze einen „rahmigen Geschmack“ und müsse nicht abgekocht werden, betont Milchtankwart Keller. Nicht verkaufte Milch werde nicht weggeschüttet, sondern am Hof an die Kälber verfüttert.

Die Kunden seien begeistert, habe ihm Marktleiter Michael Seidl mitgeteilt. Die verkaufte Menge unterstreiche diese Aussage. Abzapfen kann man übrigens mit jedem Gefäß, das unter den Zapfhahn passt. Oder man kauft im Markt eine wieder verwendbare Glasflasche zum Preis von einem Euro.

Im Schneider-Markt an der Gravenreuher Straße startet Keller mit einem 200-Liter-Tank. Punkt 10 Uhr wurde die Milch-Tankstelle geöffnet. Auch hier können Kunden eine im Geschäft gekaufte Glasflasche verwenden oder ein eigenes Gefäß, in das mindestens ein halber Liter Milch passen sollte, mitbringen. Ein halber Liter ist die Mindestabgabemenge. Pro Liter Milch muss der Kunde 1,20 Euro zahlen, für einen halben Liter die Hälfte.

Angebot passt super

Schneider-Markt-Geschäftsführer Patrick Schneider musste bei der Anfrage von Keller nach einem Standplatz in seinem Geschäft nicht lange überlegen. „Das Angebot passt super in unser Bemühen, unseren Kunden Produkte aus der Region für die Region anzubieten“, betont er. Vom Verkaufserlös erhält Schneider nichts. Der komme ausschließlich Landwirt Keller zugute, der lediglich die Stromkosten zahlen muss. Schneider zeigt sich begeistert von diesem „Alleinstellungsmerkmal, das gut zu uns passt.“ Und er ist überzeugt, dass die Kunden bereit sind, für „gute Milch auch einen fairen Preis“ zu zahlen.

Bedenken der Verbraucher, dass die Milch von Kühen stammt, die angekettet in einem dunklen Stall auf Gummimatten stehen, kann Keller zerstreuen. „Wir sind zwar ein konventionell produzierender Betrieb. Aber unsere Tiere können sich frei bewegen und schlafen auf Stroh,“ sagt er und betont: „Den Tieren geht es gut.“

Info: Auch der Schneider-Markt in Creußen erhält eine Milchtankstelle. Am Samstag, 2. Dezember, wird die bayerische Milchkönigin die Zapfanlage in Betrieb nehmen.

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