Nordflügel eingeweiht Der besondere Geist von Thurnau

Das Schloss Thurnau hat viele Unterstützer. Sie kamen alle, um den neuen Nordflügel zu bestaunen. Foto: red

Einige Jahre zu spät, aber jetzt konnte endlich der Festakt für den fertigen Nordflügel des Thurnauer Schlosses gefeiert werden. Acht Millionen Euro kostete der Bauabschnitt – der noch nicht der letzte ist.

 
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Zwei Universitäten, Bayreuth und Bamberg, arbeiten hier am gemeinsamen Institut für Fränkische Landesgeschichte zusammen. Wissenschafts- und Kunstminister Markus Blume war am Freitagnachmittag zum Festakt nach Thurnau gekommen. „Das Institut hat hier den perfekten Ort gefunden“, sagte Blume, der sich bei einem Rundgang durch den Nordflügel einen Eindruck von den sanierten Räumlichkeiten machte und eine 3D-Brille für eine virtuelle Ausstellung ausprobieren durfte.

Der Nordflügel des Thurnauer Schlosses wurde von der Gräflich Giech’sche Spitalstiftung aufwendig saniert. Der Bund hatte das Ensemble als bedeutendes nationales Baudenkmal eingestuft und den Umbau mit 4,1 Millionen Euro bezuschusst. Die überragende Bedeutung des Bauwerks, in dem einst die Adelsfamilien Künßberg und Giech lebten, unterstrich auch der Minister. Der Freistaat habe in den Erhalt der Schlossanlage insgesamt bereits rund zwölf Millionen Euro aus dem Entschädigungsfonds investiert. Weitere Zuschüsse flossen aus der Förderoffensive Nordbayern nach Thurnau. „Jeder Cent, den wir in diese fantastische Anlage investiert haben, war es wert.“

In zwei Bauabschnitten wurden die Sanierungsarbeiten vorgenommen. Der im 15. Jahrhundert von der Familie Förtsch angelegte Gebäudeteil ist zunächst statisch und brandschutztechnisch ertüchtigt worden. Um einen barrierefreien Zugang zu ermöglichen, wurde eine Glas-Stahl-Konstruktion mit Aufzug angebaut. Im zweiten Bauabschnitt sind Fassade, Außenanlagen, Bibliothek, Multifunktionsraum, Toiletten und das Kellergewölbe erneuert und eingerichtet worden.

Das Kernteam des Instituts zog bereits im Jahr 2017 ins Schloss. Damals residierte Direktor Martin Ott jedoch noch im Schlosshotel. Doch das Warten auf die Räume im Nordflügel lohnte sich. 2019 zogen der Lehrstuhlinhaber für Fränkische Landesgeschichte und seine Mitarbeiter in den Nordflügel um. „Ich freue mich, dass ich an so einer besonderen Arbeitsstätte arbeiten darf“, sagte Ott. Der besondere Geist von Thurnau sei jeden Tag zu spüren. Wer sich mit Fränkischer Geschichte befasse, sei hier bestens aufgehoben. Das Institut für Fränkische Landesgeschichte sei im Grunde „ein Kind“ der Oberfrankenstiftung, legte Ott den geladenen Gästen dar. Denn diese habe in den ersten fünf Jahren die Anschubfinanzierung übernommen. „Deshalb stehen wir in der Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung des Instituts“, sagte Ott. Er dankte zudem dem Freistaat für die Unterstützung und den beiden Universitäten, die es wagten, „sich auf Neuland zu begeben“. Inzwischen gehöre der Lehrstuhl für Europäische Geschichtskulturen von Astrid Swenson ebenso zum Institut. Die Forschungsbibliothek umfasse mittlerweile über 5000 Bände.

Mit dem benachbarten Forschungsinstitut für Musiktheater, das schon länger in Thurnau angesiedelt sei, sind gemeinsame Projekte wie über Richard Wagner und den Nationalsozialismus geplant. „Wir wollen der Region etwas zurückgeben“, unterstrich Ott. Die Ergebnisse der Forschungsprojekte sollen der Öffentlichkeit zum Beispiel in Ausstellungen zugänglich gemacht werden. Historische Schulprojekte der Studenten zeigten, wie sich moderner Geschichtsunterricht gestalten lasse. Ein weiterer Schwerpunkt sei die Erforschung der Industriekultur in Nordbayern, wozu die „Thurnauer Erklärung“ verfasst wurde.

Konstruktives Miteinander aller Beteiligten

Der Landkreis, der Bezirk mit der Oberfrankenstiftung, die Abgeordneten der Region – viele waren letztlich am Erfolg des Projektes beteiligt. Landrat Klaus Peter Söllner begleitet im Namen der Gräflich Giech’schen Stiftung die Sanierung des Schlosses seit Jahrzehnten. Der Nordflügel sei nach langjährigen Bemühungen, vielerlei Anpassungen und vor allem einem konstruktiven Miteinander aller Beteiligten fertiggestellt worden. Über die Jahre hinweg sei eine„gewaltige Summe“ in den Erhalt der Schlossanlage gesteckt worden. Die siebte Fakultät der Universität Bayreuth sei für die Stadt Kulmbach „ein Quantensprung“. Daher bedankte sich Söllner bei Blume, der die Genehmigung für den Ausbau des Campus erteilt habe. Bezirkstagspräsident Henry Schramm sagte, im Laufe der Jahre sei eine zweistellige Millionensumme aus der Oberfrankenstiftung an Thurnau ausbezahlt worden. Mit dem Campus in Kulmbach gehe ein politischer Traum für ihn in Erfüllung.

Bürgermeister Martin Bernreuther unterstrich: „Ohne staatliche Förderung wäre das alles nicht möglich gewesen.“ Die Gemeinde trete lediglich als Träger der Vorhaben auf. Der Umbau des Schlosses stehe für „einen aktiven Innenort“. Die Universitätspräsidenten von Bayreuth und Bamberg, Stefan Leible und Kai Fischbach, betonten das kollegiale Miteinander. Das Institut habe eine „identitätsstiftende Funktion für die ganze Region“, sagte Leible, zugleich Vorsitzender des Stiftungsrates. Und Thurnau werde mit Leben erfüllt. Auch die Lehrerfortbildungen auf Schloss Thurnau würden gut angenommen, sagte Fischbach. „Kooperation statt Konkurrenz“ zahle sich aus – ähnlich wie es bereits bei der Technologie-Allianz Oberfranken praktiziert werde.

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