Niedrige Löhne Arm trotz Arbeit

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Unter anderem Dachdecker laufen Gefahr, unter Wert bezahlt zu werden – aller schweren Arbeit zum Trotz. Foto: IMAGO/Kirchner-Media/IMAGO/David Inderlied

Der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB fordert ein deutliches Lohnplus für untere Einkommen. Arbeitnehmer in Oberfranken haben ein großes Risiko, nur Niedriglöhne zu verdienen.

 
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Fast jeder vierte Erwerbstätige erhält weniger als 14 Euro Lohn pro Stunde, und damit nur knapp mehr als den gesetzlichen Mindestlohn. Das schreibt der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB in einer Mitteilung und beruft sich dabei auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Konkret erhalten demnach 14,8 Prozent der Erwerbstätigen den Mindestlohn von zwölf Euro die Stunde. 23,35 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland, also 9,3 Millionen der insgesamt 39,8 Millionen Beschäftigten, verdienen weniger als 14 Euro in der Stunde. Dies ist „ein Unding“, wie der oberfränkische DGB-Regionsgeschäftsführer Mathias Eckardt in einer Mitteilung zitiert wird. Der Deutsche Gewerkschaftsbund verurteilt demnach derartiges Lohndumping und fordert ein deutliches Plus für untere Einkommen, Tariftreue bei Aufträgen der öffentlichen Hand und den Abbau der Geschlechterunterschiede bei der Bezahlung.

Die Zahl derer, die im Niedriglohnsektor arbeiten, sei deshalb so groß, schildert Eckardt, weil meist Menschen betroffen seien, die in Branchen des täglichen Bedarfs arbeiteten: etwa im Sektor Dienstleistung oder im Handel. Die seien zwei sehr große Bereiche. „Wer beispielsweise im Verkauf arbeitet oder in der Gebäudereinigung hat ein hohes Risiko, einen sehr niedrigen Lohn zu bekommen“, sagt Eckardt. „Das betrifft auch manchen Handwerksberuf, etwa Friseure, Metzger oder Bäcker.“ Wie der für den Bereich Handel zuständige Verdi-Sekretär ergänzt, sind aktuell drei Viertel der Angestellten im Lebensmittelhandel von Altersarmut bedroht. Besonders schwer träfe diese Entwicklung Frauen. 71,2 Prozent der Niedriglöhner sind demnach weiblich.

Tarifbindung schwach ausgeprägt

Wie der DGB mitteilt, sind nur noch 22 Prozent der hiesigen Betriebe tarifgebunden. Deutschlandweit seien es weniger als die Hälfte aller Betriebe. Nach Berechnungen der Gewerkschaft liegt das Niedriglohnrisiko zum Beispiel für die Stadt Hof bei 28,2 Prozent, in den Landkreisen Coburg bei 27,2, Wunsiedel bei 21, Bayreuth bei 21,8 und Bamberg bei 19,4 Prozent. „Jeder Vierte bis Fünfte in Oberfranken läuft Gefahr, mit einem sehr kleinen Lohn abgespeist zu werden“, warnt Eckardt.

In seiner Mitteilung verweist der Gewerkschaftsbund auf die jüngsten Tarifabschlüsse, die in ausgewählten Bereichen deutliche Lohnzuwächse geschaffen hätten. Etwa bei der Gewerkschaft Nahrung-Gaststätten-Genuss (NGG), die 11,5 Prozent Lohnerhöhung für die neu angelernten Produktionshelfer in den Bäckereien erstritten hätten. Im Bereich Nährmittel erhielten die untersten Tarifgruppen Zuschläge von bis zu 7,4 Prozent. In der Metall- und Elektroindustrie bekämen Beschäftigte 5,6 Prozent mehr Lohn, und bayerische Schreiner rechneten seit 1. Juli mit einem neuen Ecklohn von 18,16 Euro. Die IG Bau habe 950 Euro Inflationsausgleichsprämie für Dachdecker durchgesetzt.

Die Gewinn-Preis-Spirale

Ökonomen weisen bei derartigen Tarifabschlüssen regelmäßig auf die Gefahr einer sogenannten Lohn-Preis-Spirale hin, also dass hohe Abschlüsse Produkte des täglichen Bedarfs verteuern. Das weist DGB-Regionsgeschäftsführer Mathias Eckardt entschieden zurück: „Nein, es ist genau andersrum“, wird er zitiert. „Im Herbst haben die Preise begonnen, massiv zu steigen. Danach haben wir unsere Lohnforderungen aufgestellt.“ Wenn es eine Spirale gäbe, dann sei es „eine Gewinn-Preis-Spirale“. Eckardt verweist hierbei auf die Übergewinne der Mineralölkonzerne. „Von den Preissprüngen an den Zapfsäulen hat nicht ein normaler Mitarbeiter profitiert“, kritisiert er.

Für die Landtagswahl hat die Gewerkschaft einige Forderungen an die Politiker im Freistaat, eine der wichtigsten davon: die Einführung eines Tariftreuegesetzes. Der DGB fordert die Politik dazu auf, dass öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben werden, die ihre Mitarbeiter nach Tarif beschäftigen. Dabei gehe es um Aufträge im Wert von rund sieben Milliarden Euro jährlich, die im Moment meist die billigsten Unternehmen bekämen und nicht diejenigen, die faire Löhne zahlten. „Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften sehen nicht ein, warum von unserem Steuergeld Lohndumping gefördert werden soll“, wird Eckard zitiert.

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