Langfristig will keiner aus dem Trio an der Parteispitze stehen. Schwesig sagt, ihr Platz sei in Mecklenburg-Vorpommern. Dreyer betont, sie wolle erneut als Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz kandidieren. Schäfer-Gümbel beteuert, an seiner Lebensplanung ändere sich nichts. Er will nach drei gescheiterten Anläufen für das Amt des Regierungschefs in Hessen im Herbst zur Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) wechseln.
Zu dem Zeitpunkt hat bereits Olaf Scholz in einem Interview verkündet, dass der Posten des SPD-Chefs und sein Amt als Bundesfinanzminister zeitlich nicht zu vereinbaren seien. Und Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil beteuerte wieder einmal, er bleibe "furchtbar gerne" Ministerpräsident. Wer kommt stattdessen? Außenminister Heiko Maas? Doch Scholz oder Weil?
Die großen Fragen bleiben offen. Dazu gehört auch, wann und wie die SPD entscheidet, ob und wie sie in der großen Koalition bleibt. Erste offizielle Forderungen nach einem Ausstieg aus der GroKo liegen auf dem Tisch - etwa vom Landesverband Sachsen-Anhalt. In der SPD-Fraktion stellen sich viele der 152 Abgeordneten inzwischen auf eine Zeit jenseits des Bundestags ein. Ihnen erscheint nach dem 15,8-Prozent-Debakel bei der Europawahl eine baldige Neuwahl fast weniger schlimm, als bis zum regulären Termin 2021 in der GroKo auszuhalten - auf die Gefahr eines weiteren Absackens der SPD hin.
Ruhe ist da die oberste Pflicht des Übergangstrios. Fast buchhalterisch präsentiert Schäfer-Gümbel den Plan für eine neue Vorstandssitzung. In drei Wochen - am 24. Juni - soll es erste Antworten geben: Zum Verfahren hin zu einem neuen Parteivorsitzenden - oder einer Doppelspitze. Und zur Halbzeitbilanz.
Vieles bleibt unklar - etwa ob es beim für Dezember geplanten Wahl-Parteitag bleibt. Ob es einen außerordentlichen Konvent gibt mit einer einmonatigen Ladungsfrist oder einen ordentlichen Konvent, für den es einen Vorlauf von drei Monaten braucht. In diesem Fall wäre eine Neuaufstellung vor den wichtigen Landtagswahlen am 1. September in Brandenburg und Sachsen nicht mehr möglich.
Einfache Lösungen gibt es bei der SPD momentan nirgends. Übergangsstimmung herrscht auch in der Fraktion, wo an diesem Dienstag mit dem dienstältesten Vorstandsmitglied Rolf Mützenich auch nur ein kommissarischer Nachfolger von Nahles bestimmt werden soll. Findet die SPD Köpfe, die genug Strahlkraft für einen Neuanfang entfalten?
Mit Troikas hat die Partei zwar Erfahrung, aber das neue Führungstrio auf Abruf hat kaum den Anspruch, an goldene SPD-Zeiten anzuknüpfen. Willy Brandt, Herbert Wehner und Helmut Schmidt waren der Inbegriff der Troika - schon als Gerhard Schröder, Oskar Lafontaine und Rudolf Scharping mit ihrem Dreierbündnis in den 1990er Jahren daran anknüpfen wollten, hielt die Eintracht nicht lange.
Die neue Troika will erstmal wieder Frieden einziehen lassen - nach dem von erbittertem Streit bis unter die Gürtellinie fast erzwungenen Abgang von Nahles. Schäfer-Gümbel bemüht die "Drei Musketiere": "Alle für einen, einer für alle." Nach den Erfahrungen der vergangenen Tage sind Zweifel erlaubt.