Hat Leon Goretzka noch eine Chance?
Noch ist ein leises Münchner Werben zu vernehmen. "Wenn er spielt, ist er verlässlich, er gibt immer alles, ist torgefährlich. Die Saison ist noch nicht vorbei, die Nominierung ist noch nicht gemacht, mal schauen", sagte Trainer Thomas Tuchel. Doch was für Hummels gilt, gilt auch für Goretzka (29). Die Stammplätze auf der Sechserposition sind an Toni Kroos und Robert Andrich vergeben. England-Legionär Pascal Groß ist in der Hierarchie dahinter und in Aleksandar Pavlovic steht ein junger Typ mit Perspektive parat.
Gibt es da noch einen Platz für Goretzka? Wohl kaum. Alle Beteuerungen Goretzkas, jede EM-Rolle und sei es eine als Randfigur, anzunehmen, könnten für den Power-Spieler, der mit dem Herz-Jubel gegen Ungarn vor drei Jahren noch für den schönsten EM-Moment sorgte, vergebens sein.
Haben die März-Newcomer ihr EM-Ticket sicher?
Bleibt Nagelsmann bei seinem Personalkonzept, dann hat nicht nur März-Gewinner Maximilian Mittelstädt sehr gute EM-Aussichten. Auch die VfB-Kollegen Deniz Undav und Waldemar Anton bekamen vom Bundestrainer ihren EM-Job zumindest schon skizziert. Chris Führich ist als Vierter im Quartett ohnehin schon länger dabei. "Wir haben im März einen Grundstein gelegt für die EM und uns schon ein gutes Team aufgebaut", drückte Mittelstädt das Selbstbewusstsein der Schwaben-Combo aus.
Knapper könnte es für Jan-Niklas Beste vom 1. FC Heidenheim oder Maximilian Beier von der TSG Hoffenheim werden. Auch Robin Koch von Eintracht Frankfurt ist nach der Schlotterbeck-Berufung ein Wackelkandidat. Aber: Nagelsmann hatte im März gesagt, er plane nur noch mit einer oder zwei Änderungen.
Wie viele Spieler nimmt Nagelsmann überhaupt mit zur EM?
Den UEFA-Beschluss, wieder 26 statt 23 Spieler im Kader zu erlauben, findet Nagelsmann nicht gut. Eine zu große Gruppe birgt auch Gefahren, meint der Bundestrainer. Dennoch dürfte er sein Kontingent ausschöpfen. Als Variante gilt, dass Nagelsmann zunächst mit gut 20 Spielern in die Vorbereitung startet. Die derzeit vier Teilnehmer des Champions-League-Endspiels mit EM-Garantie von Dortmund und Real Madrid (Kroos, Rüdiger, Füllkrug, Schlotterbeck) würden später nachkommen. Spätestens am 7. Juni um Mitternacht muss Nagelsmann sein Turnier-Aufgebot bei der UEFA melden.
Geht das Turnier-Leiden für Leroy Sané weiter?
Schon seit Wochen kann Flügelstürmer Sané wegen Problemen am Schambein beim FC Bayern nur eingeschränkt spielen und trainieren. "Leroy ist aktuell wieder in Schmerzbehandlungen", sagte Trainer Tuchel, der keine EM-Prognose stellen konnte. "Leroy wird alles für die EM tun." Das ist verständlich, wäre ein EM-Aus doch besonders bitter für den 28-Jährigen.
Große Turniere sind nämlich ein Kreuz für ihn. Nach dem Schnupper-Debüt als Jungstar bei der EM 2016, folgten die überraschende Ausbootung für die WM 2018, eine EM 2021 ohne Glanz und Torerfolg und kurz vor dem Start der verunglückten WM-Mission 2022 in Katar eine Knieblessur, die ihn bremste und behinderte. Nagelsmann wird knallhart bemessen müssen, welchen Nutzen ein angeschlagener Sané ihm bringen kann.
Wie ernst ist der Zustand der Hoffnungsträger Musiala und Wirtz?
Dauerhafte Knieschmerzen bei Jamal Musiala, Oberschenkelblessur bei Florian Wirtz. Die gesundheitlichen Probleme seines Wirbel-Duos können Nagelsmann nicht unbesorgt lassen. Die EM-Teilnahme von beiden 21-Jährigen scheint derzeit nicht in Gefahr. Doch wie fit werden die "Zauberer" beim Heimturnier sein? "Ich spiele die letzten Monate mit Schmerztabletten und Spritzen", sagte Musiala. Immerhin kann er sich nach dem Bayern-Aus in der Champions League bis zum Start der Vorbereitung komplett schonen.
Wirtz will hingegen noch zwei Endspiele spielen mit Bayer Leverkusen. Am 22. Mai in der Europa League gegen Atalanta Bergamo, drei Tage später im DFB-Pokal gegen den 1. FC Kaiserslautern. "Wir haben einen Plan mit Flo. Wenn es gut läuft, kommt er am Mittwoch oder Donnerstag wieder ins Training", sagte Club-Trainer Alonso. Nagelsmann wird die Entwicklung genau verfolgen.