Nach Skandal-Spiel Kripo Bayreuth ermittelt 43 Dynamo-Randalierer

Mit den Ermittlungsergebnissen veröffentlichte die Polizei dieses Bild. Es zeigt, wie Beamte im Hans-Walter-Wild-Stadion in Bayreuth beworfen werden. Foto: Polizei

Großer Erfolg für die Polizei: Nach fast einem Jahr Ermittlungen hat sie viele Beteiligte an den Ausschreitungen von Dresdner Fans beim Fußballspiel in Bayreuth identifiziert. Einige sind sogar schon verurteilt.

 
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Am 1. Oktober machte die hässliche Fratze des Fußballs in Bayreuth Station. Rund um das Drittliga-Gastspiel der SG Dynamo Dresden bei der SpVgg kam es zu Ausschreitungen zahlreicher Gästefans. Es gab große Zerstörungen. Zudem wurden Pressevertreter und Polizisten verletzt. Elfeinhalb Monate danach präsentieren Staatsanwaltschaft und Polizei am Donnerstag ihre umfangreichen Ermittlungsergebnisse.

Zuständig für die Aufarbeitung der Ereignisse war die von der Kriminalpolizei Bayreuth eingerichtete Ermittlungskommission (EKO) Stadion“. Sie konnte die Namen von insgesamt 43 Tatverdächtigen ermitteln. Erste Verfahren habe die Staatsanwaltschaft Bayreuth bereits zum Abschluss gebracht, heißt es in der Pressemitteilung, in der die Ermittler den Tag noch einmal skizzieren.

Doch das war noch lange nicht die einzige Straftat. Die „im negativen Sinne bemerkenswerteste Phase“, so die Ermittler, habe es zu Beginn der zweiten Halbzeit des Spiels gegeben. „Im Bereich zwischen Heim- und Gästetribüne war es zu Unstimmigkeiten innerhalb der Dresdner Anhänger gekommen“, schreiben die Ermittler. Als Polizeibeamte einschritten, sei es direkt zu exzessiver Gewaltanwendung aus dem Gästelager gekommen. „Hagelschauerartig“ seien die Polizisten minutenlang mit Flaschen, Bierkästen, teilweise sogar mit Gullydeckeln beworfen worden. Die Dresdner hätten mit Tritten und Schlägen angegriffen und die Einsatzkräfte auf massive Art und Weise beleidigt. „Während des Tumults nutzten zudem einige die Gelegenheit und plünderten einen Imbisswagen im Bereich des Gästeblocks.“ Dabei stahlen sie Bargeld in vierstelliger Höhe und Getränke. Andere Randalierer rissen Waschbecken und Toilettenschüsseln von den Wänden und versuchten ein Toilettenhäuschen in Brand zu setzen. Nur unter höchstem Einsatz konnten die Polizeibeamten sie zurückhalten und verhindern, dass sie die Stadionumzäunung durchbrachen. „Selbst in der Nachspielphase hatten viele noch nicht genug“, heißt es in der Mitteilung der Ermittler. Die angezeigten Straftaten hätten von Handyraub, Hitlergruß, Körperverletzung und Beleidigungen bis hin zu weiteren tätlichen Angriffen auf Polizeibeamte gereicht. Auf ihrer Rückfahrt mit der Bahn zurück nach Dresden demolierten Randalierer zudem auch noch die komplette Zugeinrichtung.

Die Ermittler: Insgesamt wurden 108 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Davon bezogen sich allein 95 auf die Randale während des Spiels. Sie zu ermitteln, war für die EKO Stadion ein langfristiges Unterfangen. Die besondere Herausforderung für die sechs Ermittler: Die Straftäter agierten meist aus der Masse heraus und größtenteils vermummt. Die EKO arbeitete eng mit der einsatzführenden Polizeiinspektion Bayreuth-Stadt, szenekundigen Beamten der Kriminalpolizei Dresden und dem Unterstützungskommando der Bereitschaftspolizei aus Nürnberg zusammen. Wertvolle Unterstützung leisteten zudem das Bayerische Landeskriminalamt und die Bundespolizei. Für Hinweise aus der Bevölkerung wurde ein Medien-Upload-Portal eingerichtet. Stadionbesucher hatten die Möglichkeit, eigene Fotos und Videos anzuliefern. Zusammen mit polizeieigenen Aufnahmen kam eine Datenmenge von über 500 Gigabyte zusammen. Allein Sichtung und Auswertung dieser enormen Masse an Material nahm schon viel Zeit in Anspruch, heißt es in der Mitteilung. Zusammen mit den szenekundigen Beamten begleitete die EKO Stadion zudem weitere Auswärtsspiele von Dynamo Dresden. Zur Identifizierung der Tatverdächtigen bedienten sich die Kriminalbeamten unter anderem der elektronischen Gesichtserkennung. Auch kamen Super-Recognizer vom Polizeipräsidium München zum Einsatz. Sie können sich Gesichter und Bewegungen überdurchschnittlich gut merken, um Personen zu identifizieren. Zum Beispiel können sie Personen auf Videoaufnahmen großer Menschenmassen wiedererkennen, auch wenn sie sie zuvor nur einmal gesehen haben. Nur ein Bruchteil der Menschheit hat diese Gabe.

Die Ergebnisse: Die Polizei spricht von einem „bemerkenswerten Erfolg“, der der kreativen und akribischen Führung der Ermittlungen der EKO Stadion zu verdanken sei. Dank der Ermittlung der 43 Tatverdächtigen sei es zum Beispiel zu einem Untersuchungshaftbefehl gegen einen 30-jährigen vorbestraften Thüringer wegen tätlichen Angriffs auf Polizeibeamte und gefährlicher Körperverletzung gekommen. Der Haftbefehl sei inzwischen gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt worden. Gegen weitere Tatverdächtige wurde jeweils Anklage erhoben. Sie müssen sich am Amtsgericht Bayreuth – Schöffengericht wegen Landfriedensbruchs im besonders schweren Fall, (versuchter) gefährlicher Körperverletzung, tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und Sachbeschädigung verantworten. Zudem hat das Amtsgericht Bayreuth bereits einen mitgereisten Dresdner Anhänger, der bei seiner Ankunft am Bahnhof den Einsatzkräften den Mittelfinger gezeigt hatte, zu einer Geldstrafe von 4800 Euro verurteilt.

Die geplünderte Kasse aus dem Imbisswagen konnten die Ermittler einem damals 32-jährigen zu Last legen, gegen einen 24-Jährigen ermittelt die EKO ebenfalls wegen der Plünderung. Zum Übergriff auf den Fotoreporter konnten sechs Tatbeteiligte identifiziert werden. In diesem Zusammenhang erwirkten die Ermittler Durchsuchungsbeschlüsse für deren Wohnungen in Sachsen, die bereits umgesetzt wurden. Als Folgemaßnahme sollen zudem über die SpVgg Bayreuth für die identifizierten Straftäter bundesweite Stadionverbote beim Deutschen Fußballbund erwirkt werden.

Die in aufwendiger Kleinarbeit zusammengetragenen Ermittlungsergebnisse werden nun an die Staatsanwaltschaft Bayreuth übermittelt, schreiben die Ermittler. Nach rechtlicher Bewertung würden die Taten dann auf juristischer Ebene weiterverfolgt.

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