Nach Feuer in Brandholz klagen die Betroffenen, die Feuerwehr sei spät gekommen – Die Leitstelle erklärt warum und bessert nach Brandholz:War die Feuerwehr zu langsam am Brandort?

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Martin Gohn (64) vor dem abgebrannten Carport. Zwei seiner Autos, ein Holzspalter, eine Seilweinde und sein Oldtimer-Traktor sind vergangene Woche verbrannt. Wenn die Feuerwehr schneller vor Ort gewesen wäre, wäre wenigstens sein Traktor heil geblieben. Foto Lapp Foto: red

Ein verbrannter Carport, vier verbrannte Fahrzeuge und viel Rauch um den Feuerwehreinsatz: „Sie hätten schneller da sein können“, sagen die Betroffenen, dann wäre der Schaden geringer. Die Integrierte Leitstelle (ILS), die alle Einsätze koordiniert, hat Fehler eingeräumt. „Der Fehler liegt im System“, sagt deren Leiter Markus Ruckdeschel. Aber ob der Schaden geringer ausgefallen wäre, bezweifeln die Feuerwehrler.

 
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Eine Woche nach dem Brand steht Martin Gohn (64) vor seinem alten Traktor. Fiat, 40 Jahre alt, ein rumänisches Modell, Top-Qualität, extra für den Export in den Westen. Und jetzt: der Lack ab, die Reifen verkohlt, die Pumpen sind hin. Der hätte den Brand unbeschadet überstehen können, sagt Gohn. „Wenn die Feuerwehr schneller da gewesen wäre.“ Am Dienstagnacht gegen 4 Uhr brach ein Feuer in einem der Autos im Carport in Brandholz aus. Technischer Defekt, ein Marder könnte das verursacht haben, sagt Gohn.

Um 4.04 Uhr hat ein Nachbar des Brandes zum ersten Mal den Notruf der Polizei in Bayreuth angerufen haben. Es ist einer von sechs Notrufen in dieser Dienstagnacht. Der erste bestätigte Läuten des Anrufes in der ILS war um 4 Uhr 8 Minuten und 44 Sekunden, Atomuhr-Zeit. Der Anruf dauerte 56 Sekunden. Die erste Feuerwehr wurde um 4 Uhr 11 Minuten und 4 Sekunden alarmiert, vier Minuten später. Um 4.15 Uhr sind die ersten Einheiten ausgerückt, auf den Straßen war Glatteis. Die Feuerwehr in Brandholz, deren Feuerwehrhaus kaum 300 Meter von der Brandstelle weg steht, wurde erst um 4.25 Uhr alarmiert. „Es hätte schneller gehen müssen“, sagt Stefan Ross, Kommandant der Feuerwehr Brandholz. Ross ist ratlos. Acht Mann, auf Extremsituationen geschult, die im Sommer Schlagzeilen gemacht haben, weil sie durch ihr Eingreifen einem Mann nach einem Arbeitsunfall das Leben gerettet haben. „Wir waren einsatzbereit“, sagt Ross. Aber sie mussten fast 20 Minuten warten. Gerade sie, die sich vor Ort am besten auskennen.

Aber so einfach funktioniert die Alarmierung nicht. Nicht mehr. Die Hauptarbeit macht inzwischen der Computer, und der macht nur, wie er programmiert ist. Der erste Anrufer meldete den Brand und nannte die Straße. Der Mitarbeiter am Telefon tippte „Garagenbrand“ ein und den Straßennamen, der Computer warf den Ort „Goldkronach“ aus. Ein Programm weiß, welches Gerät und wie viele Feuerwehren für einen solchen Einsatz nötig sind. Automatisch sucht es die Feuerwehren, die a) das nötige Gerät haben und b) den besten Weg zum Carport haben.

Und dann findet es ausgerechnet die Feuerwehr nicht, deren Haus 300 Meter entfernt steht? Genau da liegt der Unschärfe im System. Denn der Computer, der nach „Goldkronach“ suchte – und nicht nach dem Ortsteil „Brandholz“, warf die Feuerwehren aus, die – rein rechnerisch – am besten passten. Die Brandholzer Feuerwehr gehörte nicht dazu. Hier sei das System an den Grenzen, sagt Markus Ruckdeschel, Leiter der ILS. „Wir haben intern Schlüsse aus dem Vorfall gezogen.“

2000 Quadratkilometer groß ist das Gelände rund um Bayreuth, über das die Mitarbeiter der ILS den Überblick behalten müssen. Autobahnen, Bundesstraßen, Städte, jeder Weiler, Feld- und Radwege, und das Carport in Brandholz, neben dem Gohns verkohlter Traktor jetzt steht. Normalerweise verrät ein elektronisches Telefonverzeichnis dem Mitarbeiter der ILS die Adresse – aber eben nicht immer den Ortsteil. „Der Computer hat nur Goldkronach gefunden“, sagt Ruckdeschel. Der Mitarbeiter löste den Alarm aus – für Goldkronach. Die Brandholzer Wehr überging er. Erst als die nächsten Anrufe kamen und von zwei Gastanks direkt neben dem brennenden Carport berichteten, wurde die nächsthöhere Gefahrenstufe ausgerufen und die Brandholzer Wehr in Gang gesetzt.

„Eine halbe Stunde haben wir auf die Feuerwehr gewartet“, sagt eine Anwohnerin, die nicht genannt werden will. Die Scheiben am Nachbarhaus sind gesprungen, so heiß war es, die beiden Gastanks waren noch näher am Brandherd. „Wenn die nur ein kleines Leck gehabt haben“, sagt Traktor-Liebhaber Gohn.

„Die können nicht zu spät gekommen sein“, sagt Kreisbrand-Inspektor Winfried Prokisch, der vor Ort war. Die gesetzlich vorgeschriebene Hilfsfrist von zehn Minuten sei eingehalten worden. Und dass der Computer in der ILS wusste, was er tat, zeigt dies: „Die Goldkronacher Feuerwehr hatte Wasser dabei“, sagte Prokisch. Sie konnte also gleich loslegen. Raus mit dem Schnellangriffsschlauch und Wasser marsch. Die Brandholzer, auch wenn sie um einiges früher da gewesen wären, hätten ihren Schlauch erst ausrollen müssen und an den Hydranten anschließen müssen. Auch das dauert seine Zeit. Und wenn der Hydrant dann noch heiß ist wie beim Carport-Brand, geht es zum nächsten. Prokischs Fazit: „So einfach lässt sich das nicht sagen, ob die Ortsfeuerwehr schneller geholfen hätte.“ Vielleicht hätte wenigstens Gohns Traktor das Feuer überstanden.

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