Freitagabend im Hofgarten. Eine 39-jährige Bayreutherin trifft sich im Hofgarten mit einem Chemnitzer, er gibt ihr ein Tütchen mit einer weißen Substanz. Vermutlich gibt die Frau dem 34-Jährigen im Gegenzug Bargeld. Die Transaktion dauert nur wenige Augenblicke. Dann trennen sich die beiden.

Wenige Minuten später nehmen Drogenfahnder die 39-Jährige im Stadtgebiet fest. Denn gegen ihren Geschäftspartner – er wird kurz darauf auf der A 9 bei Hof festgenommen – laufen seit Monaten Ermittlungen, er wird von der Polizei beschattet. In seinem Auto finden die Ermittler eine größere Menge Bargeld – mutmaßlich Gewinne aus Rauschgiftgeschäften.

Durch den beobachteten Handel ist nun auch die Frau als Dealerin in den Blick der Polizei geraten; gegen sie wird Haftbefehl erlassen. Mit 20 Gramm lasse sich „eine Vielzahl von Konsumenten“ versorgen, sagt Polizeisprecher Alexander Czech. Typischerweise wird die synthetische Droge nämlich im einstelligen Grammbereich gehandelt.

Wie viele Konsumenten die festgenommene 39-Jährige mit Crystal versorgt hat, ist unklar. Zur Zahl der örtlichen Crystal-Konsumenten möchte Alexander Czech keine Mutmaßungen anstellen. „Die Dunkelziffer ist definitiv hoch“, sagt er lediglich.

Die Polizei nennt die Doppelfestnahme einen „herben Schlag“ gegen die Crystal-Szene. „Crystal?“ Urte Deisenhofer seufzt. In Oberfranken habe man seit den späten Neunzigern mit dem Rauschgift zu tun, sagt die Leiterin der Suchtberatungsstelle der Diakonie in Bayreuth. Seither sei das Problem kontinuierlich größer geworden.

Bei den häufigsten Suchtproblemen, mit denen die fünf hauptamtlichen Mitarbeiter der Suchtberatungsstelle zu tun haben, liegt Crystal inzwischen auf Platz zwei, vor Cannabis. Der „Spitzenreiter“ jedoch ist seit Jahren derselbe: Alkohol.

In der öffentlichen Wahrnehmung aber sei das ganz anders, sagt die Suchtberaterin frustriert: „Alkohol ist zweitrangig.“ Um das synthetische Rauschgift Crystal werde in der Öffentlichkeit „ein regelrechter Hype“ gemacht. Über die alltägliche Trinkerei jedoch, die viel mehr Menschen beträfe und auch größeren Schaden anrichte, werde viel zu wenig gesprochen.

Verwundert ist Deisenhofer darüber aber nicht: „Es ist nun mal einfacher, sich mit einer illegalen exotischen Droge zu beschäftigen, die irgendwelche fremden Leute nehmen, als dass man sich mal ernsthaft mit der eigenen Trinkerei auseinandersetzt.“