Die meisten der Kritiker übersahen dabei: Mit Sicherheit hätte Meese 2016 zu der Frage, wie „Parsifal“ jetzt gerade unbedingt verstanden und gezeigt werden muss, eine spannende und beachtenswerte Antwort gefunden. Meese wäre auch nicht der erste gewesen, dem ohne Opernregie-Erfahrung bei den Festspielen eine Inszenierung gelingt. Und dass die Frage aus den Reihen der „Gesellschaft der Freunde“, ob ein Regisseur der richtige für Bayreuth sei, wirklich einmal erst durch seine Arbeit in Bayreuth beantwortet werden muss – das spricht erst einmal eher für als gegen ihn. Dann begann die Arbeit – und aus Meese, der gewagten Personalie, wurde Meese, das Problem. Jedoch nicht, weil Meese nicht den Erwartungen der Festspielleitung entsprochen hätte. Sondern, weil Katharina Wagner, Eva Wagner-Pasquier und auch Heinz-Dieter Sense nur so viel entscheiden können, wie ihnen die Gesellschafter der Festspiele zugestehen: der Bund, die Stadt Bayreuth, der Freistaat und die Gesellschaft der Freunde. Und die hatten Vorbehalte: Was, wenn das Stammpublikum in Scharen davonläuft?
Dass ein Regisseur sein Budget überzieht, ist kein Problem, wenn die Finanziers Lust haben auf die Produktion. Diesmal hatten die Finanziers aber keine Lust. Sondern Angst.
Und weil es Katharina Wagner nicht schaffte, die Skeptiker von Meese zu überzeugen, musste sie den Künstler, der wie kein anderer für ihren künstlerischen Kurs stand, hinauswerfen, gegen ihren Willen. Die künstlerische Leitung hat in einer entscheidenden künstlerischen Frage nichts zu sagen. Und alle haben es gesehen. Man mag von Meese halten, was man will – sein Rauswurf hat den Festspielen mehr Schaden verursacht, als es sein „Parsifal“ je vermocht hätte.
- Den Bericht über Jonathan Meeses Auftritt in München am Freitagabend (21. November) lesen Sie hier.