Mehrere Optionen werden dem Vernehmen nach im Verband diskutiert, der sich am Sitz des DFB-Sponsors zur Krisensitzung versammelte: Am wahrscheinlichsten ist, dass Matthias Sammer bis zur EM übernehmen soll – auch wenn der als Berater bei Borussia Dortmund eingebundene „Feuerkopf“ seit fast zwei Jahrzehnten kein Team mehr trainiert hat. Danach würde sich der DFB ernsthaft um Jürgen Klopp bemühen, der bis 2026 an den FC Liverpool gebunden ist.
Wenn sich solche Pläne nicht realisieren ließen – beide würde Watzke maßgeblich über sein (BVB-)Netzwerk vorantreiben –, könnte ab 2024 auch Ralf Rangnick zum Thema werden, der erst einmal Österreich zur EM nach Deutschland führen will. Den schwäbischen Projektleiter wollte vor zwei Jahren der machthungrige Ex-Direktor Oliver Bierhoff nicht holen. Sofort verfügbar wäre Julian Nagelsmann, nach seiner Freistellung beim FC Bayern ohne Anstellung. Intern macht als letzte Option noch ein Notfallplan mit dem beim Hamburger SV eingebundenen Menschenfänger Horst Hrubesch die Runde. Und wie wäre es mal mit einem Blick über die Landesgrenzen?
Wenn die Franzosen ein bisschen Ernst machen, setzt es noch eine Lehrstunde
Neuendorf und Watzke haben nach der WM den Schnitt versäumt. Die zuletzt über den Kinderfußball streitenden Bosse von DFB und DFL verfolgten mit versteinerten Mienen, wie die taktisch und technisch perfekt aufeinander abgestimmten Gäste aus Fernost die fast lächerliche deutsche Abwehrhaltung bestraften, in der sich das nächste sinnfreie Experiment mit Nico Schlotterbeck als Linksverteidiger zum Rohrkrepierer auswuchs.
Wenn die Franzosen an diesem Dienstag nur ein bisschen Ernst machen, setzt es gleich noch eine Lehrstunde für eine tiefverunsicherte Mannschaft, der es an Haltung und Zusammenhalt, Autorität und Automatismen mangelt. Wer gedacht hätte, mit dem Ende der Flick’schen Experimentierreihe würde alles besser, sah bloß ein paralysiertes Ensemble, das seit der WM in elementaren Bereichen noch schlechter geworden ist.
Spätestens zur USA-Reise im Oktober dürfte es einen neuen Bundestrainer geben
„Es ist offensichtlich, dass wir gerade nicht gut genug sind, vielleicht denken wir auch, dass wir besser sind, als wir eigentlich sind“, sagte Ilkay Gündogan. Der neue Kapitän leitete aus dem fatalen Trend folgerichtig ab: „Irgendwann liegen Anspruch und Realität so weit voneinander entfernt, dass man akzeptieren muss, dass man gerade nicht gut genug ist.“ Der 32-Jährige ist nur eine von vielen internationalen Topkräften, die im Trikot mit dem Bundesadler zum Mitläufer verzwergen. Der degradierte Joshua Kimmich merkte an, dass „wir seit der WM kein gutes Spiel gemacht haben“. Nach seinem 80. Länderspiel als Rechtsverteidiger wirkte der 28-Jährige schwer genervt: „Wir sprechen immer nur darüber, dass wir sehr viel Qualität haben, aber wir sehen sie nicht.“ Als erste Konsequenz dürfte es spätestens zur USA-Reise im Oktober einen neuen Bundestrainer zu sehen geben.