Musica: Die Geschichte vom Soldaten

Von Frank Piontek
Eindrucksvoll: Isabel Karajan in Strawinskys "Die Geschichte vom Soldaten." Foto: Andreas Harbach Foto: red

Sehr starke Vorstellung, nicht ganz so starker Besuch: Die Musica präsentiert Strawinskys "Geschichte vom Soldaten" in der Panzerhalle. Und punktet mit einem starken Ensemble.

 
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Der Soldat erscheint in der Panzerhalle – und zwar dank der Musica Bayreuth: Igor Strawinskys „Geschichte vom Soldaten“, geschrieben mitten im Ersten Weltkrieg (fernab der Front, in der Schweiz), ist eines jener Meister- und Jahrhundertwerke,die, ginge es mit rechten Dingen zu, stets ein volles Haus finden müssten.

In Bayreuth geht es wieder nicht mit rechten Dingen zu, die Halle ist gut gefüllt, aber nicht ausverkauft. Dabei war dieses wunderbare Stück in den vergangenen Jahren nur selten am Ort zu erleben. Dabei steht mit Isabel Karajan und den sieben exzellenten Kammermusikern – allesamt Mitgliedern der Bamberger Symphoniker – ein grandioses Ensemble zur Verfügung. Man wüsste ja nicht, sagt eine Besucherin, was einen erwarte. Ja, eben – die Bayreuther bleiben selbst im Fall eines der besten Komponisten der mittlerweile extrem Klassischen Moderne, na, sagen wir: zurückhaltend.

Da spielt sich jemand die Seele aus dem Leib

Selber schuld, denn die Karajan und ihre Musiker bescheren uns 70 starke Minuten. Der Fiktion, dass fast alle Mitglieder des Ensembles geflüchtet und, wie die Tänzerin, bei so etwas wie der Helene-Fischer-Show untergekommen sind, muss man nicht trauen; man braucht sie auch nicht, denn die Form dieses Stücks und seine Interpretation sind vollkommen. Eine Schauspielerin spielt den Soldaten, den Teufel, liest den Vorleser und macht die Prinzessin. Eine Frau und sieben Musiker genügen, um uns die märchenhafte Parabel in ihrer Klarheit, ihrer nüchternen Poesie und ihrer traurigen Schönheit zu bringen.

Die Sprache spielt eine Hauptrolle: die Karajan tritt mit hartem, fast ruppigem Schwyzerdütsch auf die Bühne, der Soldat wandert zwischen Chur und Wallenstadt. Der Teufel spricht lupenreines Hochdeutsch, die Prinzessin und der König kommen aus „Fronkreisch“. Da steht sie dann und schaut (und wie sie schaut): links den roten, rechts den braunen Schuh, mit roter Socke und ein paar Pappschildern, ein Zauberbuch gibt’s nicht, aber eine loddelige Flachgeige aus Pappe. An der Violine spielt sich Mayra Budagjan (fast) die Seele aus dem Leib, die der Soldat an den Teufel verloren hat. Ein schiefer Ragtime, ein Walzer und ein Tango, zuerst der geniale Marsch, am Ende der schräge, aber ergreifende Choral, sie akzentuieren die Parabel über den Gewinn von Geld und den Verlust der Seele, die auf einfache Wahrheiten aus ist: „Man soll zu dem, was man besitzt, begehren nicht, was früher war“ – und: „Wer zwei Glück hat, hat keins“.

Theater ist auch die Vergegenwärtigung und das Versinnlichen von Wahrheiten, die deshalb nicht weniger richtig sind, weil sie simpel sind. Die Gäste waren begeistert über so viel Kraft und Intelligenz.

INFO: Am Sonntag ist das traditionelle Musica-Konzert zum Muttertag, in diesem Jahr als festliche Orgel-Trompeten-Gala mit Viktor Lukas (Orgel) und dem Bach-Trompetenensemble München in der Stadtkirche. Beginn 18 Uhr.

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