Fitness und Golf als Hobbys
Und heute? Bis zum vergangenen April war die Mutter von zwei Töchtern (Alexandra und Antonia) über 30 Jahre lang Trainerin und Talentsichterin bei Bayer 04 Leverkusen. Jetzt bleibt sie mit Fitnesstraining aktiv und hat mit ihrem Mann das Golfspielen begonnen. Was sie sich wünscht? Persönlich natürlich Gesundheit und für die Allgemeinheit mal wieder Olympische Spiele in Deutschland. „Das würde dem Sport einen Ruck geben, denn Deutschland ist kein Sportland. Der Sport hat bei uns keine Lobby. Der Fußball dominiert alles, doch es sollten auch andere Sportarten gefragt sein“, sagt sie kritisch. Sie ist heilfroh, dass ein Gesicht wie das der Weitsprung-Queen Malaika Mihambo wenigstens ab und zu in den Medien auftaucht. Oder dass Gina Lückenkemper und Konstanze Klosterhalfen mit ihren jüngsten EM-Triumphen die Herzen der Fans eroberten. Überhaupt die European Championships in München – die Stimmung dort faszinierte auch Ulrike Nasse-Meyfarth: „Das erinnerte schon etwas an 1972 – vor allem wie sich das Flair des Sports auf die Stadt übertrug. Grandios fand ich das Publikum, das lautstark nicht nur die deutschen, sondern alle Sportler anfeuerte.“
Das Event macht Lust auf mehr. Lust auf Olympische Spiele. 2036 in Berlin, 100 Jahre nach den Spielen im nationalsozialistischen Deutschland – das wär’s für Nasse-Meyfarth: „Wir sollten den Mut haben, dieses Datum zu nutzen. Aber bitte ohne Referendum, ohne Bürgerbefragung, die Regierung muss dahinter stehen, das muss von ganz oben abgesegnet werden.“ Den Schub könne vor allem der Breitensport brauchen. „Dieser wird vom DOSB zu wenig beachtet, doch ohne Breitensport gibt’s keinen Spitzensport. Aus dem Breitensport entwickelt sich der Spitzensport, und die Pyramide in Deutschland ist sehr, sehr schmal.“ Grundsätzlich verkaufe sich der Sport unter Wert. „In der Pandemie zum Beispiel kam doch kein Ton vom Sport, dabei kann der Sport auf vielen Gebieten positiv wirksam sein, doch das nutzt man in Deutschland viel zu wenig, genauso wie die Vorbildfunktion ehemaliger Stars.“
„Sport verkauft sich unter Wert“
Ulrike Nasse-Meyfarth steht gewiss nicht im Verdacht, zu den Menschen zu gehören, die sich zu wichtig nehmen. Deshalb stimmt es umso bedenklicher, wenn gerade sie sagt: „Alte Sportler haben in anderen Ländern wie zum Beispiel Australien ein ganz anderes Standing. Bei uns wird man vergessen, nicht beachtet.“ Kritische Worte findet sie auch für den Gigantismus und die Überkommerzialisierung der Spiele: „Das Rad ist bereits überdreht. Gott sei Dank sind die nächsten Spiele in demokratischen, sympathischen Ländern.“ Bei aller Kritik am bis 2025 gewählten IOC-Chef Thomas Bach will sie sich nicht ausmalen, was passiert, wenn sein Nachfolger zum Beispiel aus Saudi-Arabien kommen würde. Die Spiele müssten mehr auf die Athleten ausgerichtet sein, nicht auf die Verbands- und Funktionärsinteressen: „Schöne Reisen und die Übernachtungen in netten Hotels dürfen nicht im Vordergrund stehen“, sagt das einstige Postergirl der deutschen Leichtathletik, das trotz des unsterblichen Ruhms nie die Bodenhaftung verloren hat.
Kritik am Gigantismus