Wie könnte man nun aber vor allem jüngere Frauen zeitgemäß ansprechen? Bei dem Begriff „junge Dame“ kommt es auf den Kontext an. Zwar gilt die Bezeichnung Dame grundsätzlich als aufwertend, das altersbeschreibende Adjektiv kann jedoch als herabwürdigend, verniedlichend oder ironisch empfunden werden. „Im beruflichen Kontext geht es, noch stärker als im Privaten, um Gleichberechtigung. Eine Bezeichnung wie junge Dame ist da völlig deplatziert, weil es abwertend ist. Es kann in diesem Kontext das Gefühl wecken, dass man nicht für voll genommen wird“, sagt Linda Kaiser, stellvertretende Vorsitzende der Knigge-Gesellschaft.
Gar nicht akzeptabel ist „junge Dame“
So brach über den „Tagesspiegel“-Redakteur Christoph von Marschall ein Shitstorm herein, als er Annalena Baerbock Anfang des Jahres als „junge Dame“ bezeichnete. Auf Twitter warfen ihm viele vor, er habe der Außenministerin damit ihre Kompetenz absprechen wollen. Der Journalist entschuldigte sich daraufhin und beteuerte, die Formulierung nicht despektierlich gemeint zu haben.
Linda Kaiser rät daher dazu, Frauen mit Vor- und Nachname anzusprechen. Ist dieser unbekannt, sollte man sich selbst mit ganzem Namen vorstellen – und darauf hoffen, dass es einem das Gegenüber gleichtut. Doch vor allem, wenn Menschen unterschiedlichen Alters aufeinandertreffen, fallen noch immer Formulierungen wie „Fräulein“ oder „junge Dame“. Eine direkte Korrektur ist laut der Knigge-Expertin Kaiser unhöflich: „Im Gespräch ergibt sich dann gegebenenfalls eine Gelegenheit, darauf zu reagieren.“
Meist hilft es, wenn man darüber spricht
Die angemessene Ansprache ändert sich nun mal mit der Zeit. Auch das Bewusstsein und die Akzeptanz für geschlechterneutrale Sprache sind gestiegen. Und in den sozialen Medien wird das Thema korrekte Ansprache immer wieder aufgegriffen und diskutiert: So twitterte die Wirtschafts- und Politikwissenschaftlerin Katharina Nocun im Januar dieses Jahres: „Männer, die mich (. . .) ‚junge Dame‘ nennen, werden direkt geblockt. Ich bin Mitte 30 und hab diese Strategie der Infantilisierung von Frauen, um ihre Kompetenz abzusprechen, mehr als satt.“
Doch so sehr man sich darüber ärgern kann, die deutsche Knigge-Gesellschaft rät zur Nachsicht: „Wir empfehlen jedem, die eigene Position zu prüfen, sprich: zu schauen, ob es überhaupt Sinn macht, dagegen so vehement vorzugehen“, sagt Linda Kaiser. Meist helfe es, wenn man darüber spreche – „und zwar sachlich, ruhig und mit der Bitte um Verständnis. Zudem nach Möglichkeit als Ich-Botschaft.“