Mission Impossible für junge Feuerwehrler

Von Andreas Gewinner

Johanna, Nina, Jakob und Yannick stehen vor einer schwierigen Mission. Die vier Mitglieder der Jugendfeuerwehr Benk/Deps müssen sich messen mit anderen Jugendfeuerwehrlern, die mehrere Jahre älter und viel länger dabei sind als sie. Und das Quartett hat ein weiteres Handicap. Die zwei Buben, zwölf Jahre alt, sind kurzfristig eingesprungen: Für sie ist es die Feuertaufe, sie sind erst ein halbes Jahr bei der Feuerwehr. Können sie es trotzdem schaffen?

 
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Der Jugendleistungsmarsch ist kein zwangloses Spiel ohne Grenzen. Die Aufgaben orientieren sich am Einsatzalltag der Feuerwehr. Auf sieben Stationen wird Können und Wissen abgefragt, das sonst nur aktive Feuerwehrleute draufhaben müssen. Sechs Kilometer müssen die jungen Leute zurücklegen. 67 sind es an diesem Samstag, verteilt auf 19 Gruppen aus den Feuerwehren im nördlichen Landkreis sowie Bindlach und Heinersreuth. Jahrelang hatten Gruppen aus Wasserknoden die ersten Plätze unter sich ausgemacht. Doch 2013 war der Bann gebrochen: Erster wurde eine Gruppe aus - Benk/Deps. Und vergangenes Jahr hat eine Gruppe aus Benk/Deps den dritten Platz belegt.

Guter Start

Johanna, Nina (beide 13), Yannick und Jakob (beide zwölf) haben einen guten Start an diesem Samstag. Die erste Station ist in der Doppelgarage eines gepflegten Einfamilienhauses. Auf dem Boden liegen auf Decken eine Übungspuppe und ein Mädchen mit Motorradhelm auf dem Kopf. Die Schiedsrichter tragen nicht das Blau der Feuerwehr, sonder Rotweiß: Klaus Neudert und Daniela Hoffmann vom Roten Kreuz Gefrees testen das Erste-Hilfe-Können der Gruppe "Benk/Deps II": Wie wird ein Lebloser beatmet? Wie nimmt man einem Unfallopfer den Motorradhelm ab? Das Quartett macht alles richtig.

Doch schon an der nächsten Station ein gewaltiger Dämpfer: Auf einer Wiese gilt es, einen Löschangriff aufzubauen: Schläuche, Verteiler, Druckventil müssen zusammengesetzt werden, bis es am Ende "Wasser marsch!" heißen kann. Schiedsrichter Uwe Meier aus Bischofsgrün verfolgt skeptisch, wie sich die jungen Leute mit dem schweren Gerät abmühen. Seine Manöverkritik fällt länger aus: Der Aufbau hat zu lange gedauert, der Druck stimmt nicht, am Strahlrohr steht statt zweien nur ein Mann. Das Quartett ist geknickt. Nina beschwert sich: "Das Gerät ist anders als bei uns." Begleitet werden sie auf ihrer Mission von Jugendwart Denny Schönheiter: "Verliert nicht die Ruhe, das ist nicht tragisch. Das ist eine der schwersten Übungen." Der 30-Jährige hat sie viele Male aboslvieren müssen, er ist selbst aus der Jugendfeuerwehr gekommen.

Die nächste Station läuft wieder besser: Gefahrgutsymbole müssen ihrer Bedeutung zugeordnet werden, 20 Stück in 50 Sekunden. Sie schaffen 15 von 20. Das war nicht schlecht.

Die Sache mit der Axt

Doch das Auf und Ab geht weiter für "Benk/Deps II". Nach einem langen Marsch, erst an Kornfeldern vorbei, dann quer durch den Wald, wartet wieder eine echte Erwachsenenaufgabe. Eine große Axt muss mit einem Seil über mehrere Meter durch die Luft transportiert werden. Im Ernstfall wird so Gerät über Gräben oder von außen in höhere Stockwerke gebracht. Auch hier haben die Nachwuchsfeuerwehrler mit der Tücke des Geräts zu kämpfen. Wieder dauert es zu lange. Und die Leine hat den Boden berührt, moniert der Schiedsrichter. Dafür hat Denny Schönheiter eine einfache Erklärung: "Je kleiner die Leute, umso kürzer der Weg zum Boden." Auf die Frage des Schiedsrichters, wie es bisher gelaufen ist, antwortet Schönheiter: "Ging schon ganz gut." Die beiden Mädchen müssen grinsen.

Als nächstes geht's auf den Hof eines Bauernhofs: Hier müssen Leinenbeutel zielgenau zwischen zwei Stangen durchgeworfen werden. Hier kann "Benk/Deps II" wieder Boden gutmachen.

Fast alles richtig gemacht

An der Station 6 "Knoten und Stiche" warten wieder echte Feuerwehraufgaben. Auf zwei Tragen liegen Puppen. Sie müssen mit Seilen gesichert und abtransportiert werden. Während sie am Roten Main entlang über eine abgemähte Wiese stapfen, geht Denny Schönheiter mit seinen Schützlingen nochmal die Aufgabe durch: "Der Verletzte wird mit den Füßen zuerst transportiert. Und der Träger am Kopfende gibt die Befehle." Die Buben und Mädchen hantieren mit Leinenbeutel, Leinen und den großen Tragen, um die "Verletzten" gegen Runterfallen zu sichern. Am Ende heißt es: Fast alles richtig gemacht. Aber eben nur fast. Die Schiedsrichter sind unerbittlich: Nina hat um die Füße der Puppe nur zwei statt drei Schleifen gemacht, und sie hat keine Kommandos gegeben. Und Jakob ist beim Transport der Trage rückwärts statt vorwärts gelaufen. Immerhin gibt es dafür keinen Punktabzug.

Durch die Mainauen geht es auf der alten Bahntrasse zur letzten Station. Ein Hauch von Schulaufgabe weht durch die Doppelgarage eines schmucken Anwesens. Einmal mehr müssen die jungen Leute bei begrenzter Zeit Feuerwehr- wie Allgemeinwissen unter Beweis stellen. Denny rät seinen Schützlingen: "Wenn ihr was ankreuzt und seid Euch dann unsicher, lasst es: Was man instinktiv ankreuzt, ist meistens richtig. Und wenn ihr was nicht wisst, haltet Euch nicht auf, sondern geht zur nächsten Frage." Unter anderem ist die Bundeshauptstadt gefragt. "Einer aus einer vorherigen Gruppe hat Nürnberg angekreuzt", erzählt Schiedsrichter Klaus-Dieter Löwel aus Goldkronach und schmunzelt.

Marschdisziplin gefordert

Nach über drei Stunden trifft "Benk/Deps II" wieder am Heinersreuther Feuerwehrhaus ein. Denny bittet sein Team um "Marschdisziplin": Helme und Handschuhe werden aus dem Bollerwagen geholt, und es wird in Zweierreihe gelaufen. "Da schauen alle, wenn wir einlaufen."

Bis zur Siegerehrung im vollbesetzten Feuerwehrhaus ist noch Zeit. Die jungen Leute haben die klobigen Lederstiefel ausgezogen und pflegen die Blasen an ihren Füßen.

735 Punkte war die maximal mögliche Punktzahl. Die bestplatzierte Staffel, Goldkronach, hat 705 Punkte erreicht. "Benk/Deps II" hat 418 Punkte geschafft. Das reicht leider nur für den 19. von 19 Plätzen. Doch von Niedergeschlagenheit keine Spur. Jakob macht mit der Hand die "High Five", als sie als Letztplatzierte zuerst genannt werden bei der Siegerehrung. Und Nina sagt: "Waren wir doch letztes Jahr auch schon." Nächstes Jahr werden sie wieder antreten. Denn nur wer gar nicht erst antritt, hat verloren.

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