Die Universität der ostchinesischen Metropole Nanjing verlieh Merkel die Ehrendoktorwürde für ihr Engagement bei der Lösung regionaler Konflikte, im Kampf gegen den Klimawandel und bei der Bewältigung der Finanzkrise 2008. Merkel habe mit «Entschlossenheit und Weisheit einen Beitrag zum Weltfrieden geleistet», sagte Universitätspräsident Chen Jun. Sie verfolge auch eine «pragmatische Chinapolitik».
In ihrer Dankesrede klammerte Merkel heiklen Themen nicht aus. Sie sprach auch die «sehr lebendige Diskussion» über den umstrittenen Aufkauf deutscher Hochtechnologie wie beim Roboterbauer Kuka durch chinesische Investoren ein. Sie forderte hier «Gegenseitigkeit», was sich auf die Öffnung des Investitionsumfeldes auch in China bezog.
Für die von China gewünschte stärkere Kooperation in der «Industrie 4.0» mit digital vernetzten Produktionsketten wäre die geplante Vereinbarung über die Cyber-Sicherheit mit einem gegenseitigen Verzicht auf Wirtschaftsspionage über das Internet wichtig, sagte Merkel. Die Verhandlungen hat das zuständige Ministerium für öffentliche Sicherheit in Peking nach monatelangem Stillstand aber erst kurz vor dem Besuch der Kanzlerin wieder aufgenommen.
Da die Universität Nanjing seit rund 20 Jahren eine Kooperation mit Deutschland in den Rechtswissenschaften pflegt, hob Merkel die Rechtsstaatlichkeit in den Mittelpunkt. Das Recht müsse über allem stehen. Rechtsentscheidungen müssten «transparent» sein und von «unabhängigen Gerichten» getroffen werden. Verlässliche Rechtsrahmen seien besonders für innovationsstarke Unternehmen wichtig. «Zusammenarbeit in Hochtechnologie ist vor allem eine Frage des Vertrauens.» In- und ausländische Unternehmen müssten gleichgestellt werden, sagte Merkel mit Blick auf die Diskriminierungen deutscher Unternehmen.
Angesichts wachsender Spannungen durch die Inselstreitigkeiten Chinas mit seinen Nachbarn im Südchinesischen Meer sprach sich Merkel für eine «friedliche Lösung territorialer Streitfragen» aus. «Wir würden uns freuen, wenn es zu einem verbindlichen Verhaltenskodex kommen würde.» Eine ähnliche Erklärung der Gruppe sieben großer Industrienationen (G7) auf ihrem Gipfel im Mai im japanischen Ise-Shima hatte China noch empört als Einmischung zurückgewiesen. China beansprucht rund 80 Prozent des Meeresgebiets, das reich an Fischgründen und Rohstoffen ist und wichtige Schifffahrtsstraßen hat.
dpa