So weit geht es nun nicht. 2024 sollen Kurzbesucher zunächst einmal an 30 Tagen zahlen müssen, die erfahrungsgemäß besonders frequentiert sind: über Karneval wahrscheinlich oder an Ostern. Die genauen Termine sind noch offen. Dann muss man sich vorab übers Internet einen QR-Code besorgen und aufs Handy laden.
Kontrolliert werden soll das „Venedig-Ticket“ insbesondere am Bahnhof und an den Anlegestellen der Boote. Wenn jemand ohne erwischt wird, werden 50 bis 300 Euro Strafe fällig. Kinder unter 14 bleiben ausgenommen. Die Einnahmen - geschätzt: bis zu sechs Millionen Euro - sollen dafür genutzt werden, Venedig ohne weitere Schäden zu erhalten.
Kritik an dem Vorhaben
Viele Experten sind skeptisch, dass die Gebühr etwas bringt. Warum sollten sich Besucher von fünf Euro abschrecken lassen - in einer Stadt, die ihnen ohnehin viel abverlangt? Der offizielle Tarif für eine halbe Stunde Gondelfahrt am Abend liegt inzwischen bei 100 Euro. Im „Caffè Florian“ am Markusplatz kostet der Cappuccino 11,50 Euro, der Bellini-Cocktail in „Harry’s Bar“ das Doppelte.
Deren Besitzer Arrigo Cipriani nennt die Gebühr schlicht „Schikane“, womit er die Meinung vieler Geschäftsleute trifft. Mehrere Bürgerinitiativen hingegen zweifeln, dass ihre Kommune die Pläne tatsächlich ernst meint. Die Zeitung „Corriere della Sera“ hat ausgerechnet, dass die erwarteten Einnahmen gerade ausreichen, um die nötige Infrastruktur und die Kontrollen zu finanzieren.
Viele mutmaßen deshalb, dass der Beschluss - und insbesondere der Termin ausgerechnet jetzt - damit zusammenhängt, dass die Unesco derzeit berät, ob Venedig auf die Rote Liste des „bedrohten Weltkulturerbes“ gesetzt wird. Im Juli hatten Experten der UN-Kulturorganisation die Listung empfohlen, weil Stadt und Lagune irreversiblen Veränderungen durch Massentourismus und Klimawandel ausgesetzt seien.
Das brächte Venedig dann in eine Liga mit Kriegsgebieten wie Damaskus, Sanaa oder seit kurzem auch Odessa - was die um ihren Ruf besorgte Kommune natürlich unbedingt verhindern will. Die internationalen Schlagzeilen kommen Bürgermeister Brugnaro also ganz recht. Die Unesco will in den nächsten Tagen entscheiden.