Malerfürst und Modeheld Der Luxuslöwe in Meiningen

Der Malerfürst Markus Lüpertz (80) sorgt in Meiningen für Aufsehen. Sein Kleidungsstil passt besser in die Zeiten als Meiningen noch herzogliche Residenz war, sein Luxusauto nach Monaco. Eins ist sicher: Lüpertz ist der bestangezogene Künstler der Republik. Die Fotos aus mehreren Jahrzehnten sind Beweis – und Anregung für alle Männer.

 
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Meiningen - Die Kunstwelt steht Kopf und die Thüringer wundern sich. Markus Lüpertz, der letzte deutsche Malerfürst und Ausnahmekünstler von Weltformat, malt Bühnenbilder für das Staatstheater Meiningen – mit 80 Jahren. Wer ihm begegnet, ist aber aus ganz anderen Gründen sprachlos.

Samt-Sakko, Einstecktuch, Krawatte, Stock mit Silberknauf – eine gewisse Eleganz muss sein. Niemand zieht sich so extravagant an – klassisch und in höchster handwerklicher Qualität sind die Maßanfertigungen. So etwas hat Meiningen seit den Zeiten des legendären Theaterherzogs Georg II. nicht mehr erlebt.

Jeder rätselt: Warum kleidet sich der Mann in seinem Alter so wunderschön – und so schön auffällig? „Es ging mir früher wesentlich schlechter als heute. Man hat gefroren, hat seine lange Unterhose eine ganze Woche nicht ausgezogen.  Heute kann ich es mir leisten, eine Ästhetik an mir selbst zu zelebrieren“, hat er dem „Gentlemen’s Quarterly“-Magazin verraten. Das sei auch ein Aspekt der Malerei.

Und gerade in einer Zeit, in der Ästhetik sehr vernachlässigt werde, findet Lüpertz so etwas wichtig. „Gehen Sie mal an einem Sommertag an den Berliner Bahnhof, da wird Ihnen schlecht. Das kann man nicht ertragen, wie die alle tätowiert sind und halb nackt. Das Seltsame ist, dass dieses Sichgehenlassen auch noch aggressiv verteidigt wird“, sagte er zum Magazin und wird damit jeder kultivierten Meiningern aus dem Herzen sprechen.

Oft wird der Maler angepöbelt. Aber das macht ihm nichts aus: „Da stehen die da mit ihren X-Beinen und kurzen Hosen und motzen mich an, weil ich einen schönen Anzug und einen Gehstock trage. Nun gut, sie sind hässlich, ich bin hübsch, was soll’s. Ich hatte einen Unfall, weshalb mein Knie beschädigt ist. Ich könnte auch mit einer Krücke vom Gesundheitsamt herumlaufen. Aber ich habe mich eben entschieden, ein gut angezogener Krüppel zu sein.“

„Eine Zumutung“

Im Interview mit dem „Düsseldorfer Journal“ verrät genervt: „Es ist doch erstaunlich, dass sich die Öffentlichkeit darüber mokiert, auf einen gut gekleideten älteren Herrn zu treffen. Für mich ist das eine Selbstverständlichkeit. Da ich bei meiner Arbeit in Farbe und Gips wühle, habe ich anschließend das Bedürfnis, mich anständig zu kleiden und aufzutreten.“

Etwas auf sich halten, bedeute aufmerksam zu sein und bewusst mit seiner Erscheinung umzugehen. „Ich empfinde es als Zumutung, in welcher Nachlässigkeit viele herumlaufen. Dicke Bäuche, Farbkombinationen ohne Gefühl, Sinn und Verstand, ausgebeulte Jogging-Hosen und Jacken – ein Grauen, eine Unverschämtheit ohne Ende“, zitiert in das Düsseldorfer Magazin.

Die Blogger des „Dandy-Club“ loben: „Markus Lüpertz ist Dandy im hier vertretenen Sinne eines hochgebildeten und reflektierten Gentleman in der Revolte. Sein dandyistischer Auftritt ist einerseits Abgrenzung vom herrschenden Mittelmaß. Andererseits Aufforderung, sich mit dem Geistigen dieses Künstlers zu befassen.“ Peter Weibel, Direktor des Karlsruher Zentrums für Kunst und Medien, sieht ihn in einer Reihe mit Siegmar Polke, Baudelaire, Oscar Wilde, Walter Serner und Franz Blei. Zurecht stellt der Weibel fest, dass der Dandy bestrebt ist, mittels der Kultivierung seines Äußeren, seines Witzes und Sarkasmus, sich als Kunstfigur zu erschaffen.

Für den staatlichen Auslandssender „Deutsche Welle“ steht fest: „Markus Lüpertz ist ein Genie – der Selbstinszenierung. Jeder Auftritt ist bühnenreif. Er wandet sich in maßgeschneiderte Anzüge, an den Fingern glänzen teure Goldringe, Gamaschen betonen seine handgenähten Schuhe. Legendär ist seine Spazierstock-Kollektion.  Vornehm geht die Welt zugrunde, dieser Luxuslöwe erfüllt diese Maxime konsequent.“

Mit dem Münchner Blog „Kultur-Vollzug“ plauderte er und sagte dabei: „Ich bin ein gut gekleideter älterer Herr.“ Dazu stellt er aber fest: „Ich bin kein Dandy, das ist ein Beruf. Ein Dandy beschäftigt sich permanent damit, wie er aussieht. Das ist eine eigene aufwendige Kultur, für die ich viel zu undiszipliniert bin.  Ich verausgabe mich bei der Arbeit und mache mich dabei sehr schmutzig. Und danach habe ich das Bedürfnis, mich anständig anzuziehen.“

Lüpertz Produktivität beeindruckt: er malt, er dichtet, er schafft Skulpturen und Bühnenbilder, er unterrichtet – und führt neben der Malerei in Meiningen auch noch Regie. Von 1988 bis 2009 ist er Direktor von Europas größter Kunsthochschule, der Kunstakademie in Düsseldorf. Seine Werke erzielen Höchstpreise und stehen vor dem Bundeskanzleramt. Was in Meiningen möglicherweise mehr Leute reden lässt, ist sein Kleidungsstil. Der Mann ist sein eigenes Kunstwerk.

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