Lebensretter brauchen mehr Geld

Von Marie-Christine Fischer
Immer auf Abruf: Ehrenamtliche der Helfer vor Ort Creußen auf dem Weg zum Einsatz. Foto: BRK Bayreuth Foto: red

Auf dem Land dauert es oft länger als in der Stadt, bis im Notfall Rettungsdienst und Notarzt vor Ort sind. Um dies zu kompensieren, gibt es an zehn Standorten im Kreis Bayreuth die Helfer vor Ort (HvO). Unter anderem in Pegnitz, Creußen und Waischenfeld. Sie leisten in den oft entscheidenden Minuten vor Eintreffen der Rettungsdienstes erste Hilfe - ehrenamtlich. Das Problem: Geld. Denn die Dienste müssen sich komplett über Spenden finanzieren.

 
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Angenommen, eine Frau erleidet einen Herz-Kreislauf-Stillstand. Ihr Mann ruft den Rettungsdienst. Dann darf es laut bayerischem Rettungsdienstgesetz zwölf Minuten dauern, bis dieser vor Ort ist. "Nach zwölf Minuten ohne Sauerstoff ist das Gehirn der Frau aber tot", sagt Richard Knorr, Kreisbereitschaftsleiter des Kreisverbands Bayreuth des Bayerischen Roten Kreuzes. Sind die Helfer vor Ort schon nach wenigen Minuten bei ihr, können Sie das verhindern. Ein Dienst, der nicht nur den Patienten hilft, sondern - das betrachtet Knorr ganz nüchtern - auch das Gesundheitssystem finanziell schont, weil Langzeitschäden vermieden werden. "Aber das interessiert keinen", schimpft Knorr.

Kein Cent von Staat oder Krankenkassen

Einsatzwagen, Benzinkosten, Versicherung, Dienstkleidung, Aus- und Fortbildung. Die Helfer vor Ort sind komplett auf Spenden angewiesen. "Das stimmt mich traurig", sagt Knorr. Die Helfer vor Ort sind dem Roten Kreuz, der Bergwacht oder dem Malteser-Hilsdienst angegliedert. Ohne diese Organisationen im Rücken stünde die Finanzierung auf noch wackeligeren Beinen.

Tausende Stunden Bereitschaft

Dabei würde sich Knorr diese Wertschätzung dringend wünschen, angesichts dessen, was die Ehrenamtlichen leisten. 2015 sind Helfer vor Ort nach der Alarmierung der integrierten Leitstelle Bayreuth-Kulmbach rund 1700 Einsätze gefahren. 66 entfielen auf die Ersthelfer aus Waischenfeld (Malteser), 188 auf die aus Pegnitz (BRK), 259 auf die aus Creußen (BRK). Hinter den Einsätzen stehen tausende Stunden Bereitschaft nachts und am Wochenende.

Männer und Frauen zu finden, die bereit sind, sich in ihrer Freizeit derart einzuschränken, ist nicht leicht. Die Helfer vor Ort in Pottenstein, gestemmt von Ehrenamtlichen der Bergwacht, haben ihren Dienst im vergangenen Jahr wegen Personalmangels eingestellt. "Bei allen, die dabei sind, ist die Motivation sehr hoch", sagt Knorr, "aber Nachwuchs suchen wir dringend."

 

Das sagen ehrenamtliche Ersthelfer über ihre Arbeit:

 

Matthias Hartmann (37), Rettungssanitäter, HvO Waischenfeld

"Als Sanitäter arbeite ich Schicht. Wenn ich frei habe, biete ich mich als Helfer vor Ort an, rund 30 Stunden gehen dafür im Monat drauf. Meine Frau unterstützt diese Arbeit, auch wenn das bedeutet, dass wir eben keinen Ausflug mit den Kindern machen können, wenn ich Bereitschaft habe. Das Auto steht dann vor der Tür und ich springe rein, wenn ich gebraucht werde. Für manchen rein ehrenamtlichen Helfer sind die Einsätze sicher belastender als für mich mit meiner beruflichen Routine. Ich funktioniere einfach. Das emotionale kommt wenn später."

 

Christopher Weiser (25), Zerspanungsmechaniker, HvO Pegnitz

"Es ist wirklich viel Arbeit, aber ich finde es toll, wenn ich anderen helfen kann. Die meisten Einsätze gehen ja gut aus. Einmal habe ich mir während der Anfahrt riesige Sorgen gemacht, weil ich wusste, dass es um ein Kind geht. Letztendlich hatte es zum Glück nur heftige Bauchschmerzen. Wenn Kinder betroffen sind, geht mir das oft nahe, und Motorradunfälle, die finde ich auch schlimm, weil ich selbst Motorrad fahre. Aber mit der Zeit gewöhnt man sich an diese Belastung und wenn mich etwas wirklich mitnimmt, rede ich mit den Kollegen darüber."

 

 

Patrick Czekalla (30), Wirtschaftsingenieur, HvO Creußen

"Man muss in diese Arbeit hineinwachsen, schließlich erlebt man schon immer mal wieder belastende Situationen. Aber wenn man ein paar Mal mit einem erfahrenen Kollegen mitfährt, merkt man schnell, ob das was für einen ist oder nicht. Mir macht die Arbeit Freude. Am schönsten ist es, wenn man den Patient nach dem Einsatz wieder trifft und sieht, dass er wohl auf ist. Aber auch die Dankbarkeit der Angehörigen zu erleben, ist schön. Das ist es Wert, am Wochenende mal ans Haus gebunden zu sein. Dann erledige ich eben Hausarbeit oder so."

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