Kulmbach Vetternwirtschaft? Der AWO-Bundesverband will aufräumen

Immer wieder rückt die Arbeiterwohlfahrt (AWO) in den Fokus. Der Kulmbacher Kreisverband reiht sich dabei in eine Serie von Vorfällen in Frankfurt/Main und Thüringen ein. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa Quelle: Unbekannt

Beim Kulmbacher Kreisverband stehen Vorwürfe von Vetternwirtschaft im Raum. Nun sollen externe Prüfer die Vorgänge dort unter die Lupe nehmen.

 
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Kulmbach - Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) hat eine externe Prüfgesellschaft beauftragt, den Kreisverband Kulmbach unter die Lupe zu nehmen. Dies hat der AWO-Bundesverband auf Anfrage unserer Zeitung bekannt gegeben. Die Gesellschaft soll untersuchen, ob bei der AWO Kulmbach über Jahre gegen die internen Anti-Korruptions-Vorschriften verstoßen wurde. Wie unsere Zeitung im Februar berichtete, richten sich die Vorwürfe vor allem gegen die Kreisvorsitzende, die SPD-Landtagsabgeordnete Inge Aures, sowie den früheren Kreisgeschäftsführer Oskar Schmidt.

Interne Revisoren und externe Wirtschaftsprüfer hatten moniert, dass millionenschwere Aufträge der AWO ohne jede Ausschreibung an den Ehemann von Aures, den Kulmbacher Architekten Hans-Hermann Drenske gegangen waren. Bei Schmidt wurden die Umstände seiner zeitweiligen Weiterbeschäftigung kritisiert. Unmittelbar bei Antritt seines Ruhestands war er mit der Betreuung des Umbaus eines Seniorenheims in Kulmbach (Architekt Hans-Hermann Drenske) betraut worden. Dafür habe er laut Prüfberichten 135 000 Euro erhalten.

Aures wehrt sich gegen diese Vorwürfe: Sie selbst sei mit den Auftragsvergaben an ihren Ehemann nicht befasst gewesen. Zudem habe sich der Kreisverband noch vor dem AWO-Bundesverband strenge Anti-Korruptions-Regeln gegeben. Die Beschäftigung Schmidts sei gegenüber der Beauftragung eines Fachbüros sogar noch günstig gewesen. So habe man mehr als 50 000 Euro einsparen können.

Nach der Veröffentlichung war im Februar zunächst bekannt geworden, dass die Bundes-AWO den Bezirksverband Ober- und Mittelfranken mit einer Überprüfung der Kulmbacher Vorgänge beauftragt hatte. Im Sinne einer unabhängigen Prüfung habe der Bezirksverband die Prüfung später aber an eine externe Firma weitergegeben. Inge Aures ist stellvertretende Vorsitzende im Präsidium des Bezirksverbandes, ihr Ehemann hat auch hier einen millionenschweren Auftrag für die Sanierung und den Neubau eines Seniorenzentrums in Redwitz erhalten. Fertigstellung war 2019.

Wie der Bundesverband jetzt mitteilt, überwacht er die Aufklärung der angesprochenen Sachverhalte und sei hierbei stark integriert. "Wir kennen die Vorgänge und Fragenkataloge", sagte ein Sprecher des AWO-Bundesverbandes. Mit einem Abschluss der Prüfungen sei im Sommer dieses Jahres zu rechnen. Die wesentlichen Erkenntnisse werde man zusammen mit dem Bezirksverband veröffentlichen.

Inzwischen gibt es auch eine größere Gruppe innerhalb des Kreisvorstandes der Kulmbacher AWO, die auf rückhaltslose Aufklärung drängt. In einem Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt, haben neun Vorstandsmitglieder und Delegierte der AWO-Kreisgeschäftsführerin Margit Vogel einen ganzen Katalog von Fragen rund um die Vorwürfe gegen Oskar Schmidt und Inge Aures vorgelegt. Da gegenwärtig in der Corona-Krise eine Kreiskonferenz nicht möglich sei, wolle man sich selbst ein Bild von den Vorgängen machen. Die neun Unterzeichner verlangen, dass die Vorwürfe nicht in Vergessenheit geraten.Thema der Frageliste ist auch das Seniorenheim "Rosengarten" in Neuenmarkt. Bei dem 2010 fertiggestellten Projekt (Architekt Hans-Hermann Drenske) gibt es seit Jahren Streitigkeiten um mögliche Bauschäden. Geschädigt fühlen sich auch einzelne Erwerber von Eigentumswohnungen in dem Komplex.

Für die Bundes-AWO ist der Kreisverband Kulmbach nicht die einzige Baustelle. Nach Meldungen über ungerechtfertigt hohe Gehälter und teure Dienstwagen in Frankfurt am Main und Wiesbaden, ist in den vergangenen Monaten vor allem der AWO-Landesverband Thüringen in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt. Wie der "Spiegel" berichtet, soll sich dort ein ehemaliger Geschäftsführer ein Jahresgehalt von über 300 000 Euro, einen rund 100 000 Euro teuren Dienstwagen und andere Privilegien zugeschanzt haben.

In einem offenen Brief an alle Mitglieder verwiesen AWO-Präsident Wilhelm Schmidt und Vorstandsvorsitzender Wolfgang Stadler am 26. Mai darauf, dass es bei der AWO gültige Regelungen über die Höhe von Entlohnungen gebe. Wer die Gültigkeit dieses Kodex ohne stichhaltige Argumente beiseiteschiebe, zeige ein "verbandsschädigendes Verhalten." Es sei ein Verstoß gegen das Gemeinwohl, da es im Wesentlichen um öffentliche Mittel gehe. Daher appellieren die AWO-Chefs an die ehrenamtlichen Mitglieder des Verbands. Wörtlich schreiben sie: "Wir bauen auf Eure Unterstützung und Solidarität". Nur so könne die AWO in Thüringen den Neuanfang bekommen, den sie brauche und auch verdiene.

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