Kritik aus Bayreuth Kammern: Mängel beim Erbschaftsteuer-Entwurf

Von Elmar Schatz
Das Privatvermögen soll beim Vererben eines Betriebes in die Erbschaftsteuer einbezogen werden - das sieht der Reformentwurf der Regierung vor. Foto: dpa Foto: red

Der neue Erbschaftsteuer-Entwurf, den das Kabinett in Berlin verabschiedet hat, muss noch verbessert werden, fordern die Kammern. "Wirklich zufrieden kann die mittelständisch geprägte Wirtschaft Oberfrankens nicht sein“, erklärt Heribert Trunk, Präsident der IHK für Oberfranken Bayreuth. Was bemängelt Oberfrankens Wirtschaft?

 
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Trunk erklärt gegenüber dem Kurier: „Von der Zusage im Koalitionsvertrag, die Übertragung von Unternehmen an die nächste Generation nicht zu gefährden, ist der Entwurf – trotz geringfügiger Verbesserungen – leider noch immer weit entfernt.“

Handwerkskammer-Präsident Thomas Zimmer erklärt: „Die Regierungsparteien sind auf dem richtigen Weg, nachhaltig arbeitenden Familienbetrieben einen Generationswechsel zu ermöglichen, ohne dass Arbeits- und Ausbildungsplätze gefährdet werden – allerdings besteht weiterhin Verbesserungsbedarf. So ist auch die jetzt von 20 auf 26 Millionen Euro angehobene Grenze zur Definition von Großvermögen noch immer deutlich zu gering.“

Zimmer: Für Kleinbetriebe steigt die Bürokratie-Belastung

Für Betriebe mit drei bis zwanzig Beschäftigten steige die Bürokratie-Belastung. Betriebe ab drei Beschäftigte müssen die Einhaltung der Lohnsummenregelung nachweisen, um den Anforderungen der Verschonung von der Erbschaftsteuer gerecht zu werden. Zimmer beklagt, aus dem aktuellen Gesetzentwurf gehe nicht hervor, „ob Teilzeitkräfte anteilig berücksichtigt werden“. Gut sei allerdings, so Thomas Koller, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, dass Auszubildende aus der Beschäftigtenzahl herausgerechnet werden.

Bislang waren Unternehmen mit bis zu 20 Beschäftigten - unabhängig von ihrer Größe - ganz von der Lohnsummenregelung ausgenommen. Nicht mitgezählt werden sollen künftig Mitarbeiter, die in Mutterschutz oder Elternzeit sind sowie Auszubildende und Langzeiterkrankte.

Trunk meldet in vier Punkten Kritik an

IHK-Präsident Trunk nennt vier Punkte, die die Übergabe von Familienunternehmen an die nächste Generation deutlich erschwerten:

Erstens bleibe völlig unklar, was künftig tatsächlich zum steuerrelevanten Betriebsvermögen gerechnet wird; das führe zu einer großen Unsicherheit bei den Unternehmen.

Zweitens sei es zwar zu begrüßen, dass für Kleinbetriebe Erleichterungen vorgesehen seien, doch wäre aus IHK-Sicht zumindest bei Betrieben mit bis zu zehn Vollzeitbeschäftigten eine Befreiung von den üblichen Auflagen bei der Lohnsumme sinnvoll. Und bei Betrieben mit bis zu zwanzig Beschäftigten sollten die Auflagen abgeschwächt werden, fordert Trunk.

Drittens sei es völlig unpraktikabel, für die Berechnung der Steuerfristen bis zu 40 Jahre zu betrachten. Der IHK-Präsident: „Das ist praxisfremd und widerspricht der wirtschaftlichen Realität.“ So würden nicht nur die Unternehmen erheblich belastet, sondern auch die Finanzverwaltung.

Viertens sei es ein erheblicher Webfehler, dass auch beim neuen Entwurf das Privatvermögen eines Unternehmens-Erben einbezogen werden soll. Das vererbte Privatvermögen werde damit „systemwidrig doppelt besteuert“.

Michelbach (CSU): Gefahr für deutsche Wirtschaftsstruktur

Die drei CSU-Minister im Kabinett forderten in einer Protokollerklärung ebenfalls Nachbesserungen in mehreren Punkten. Der Coburger CSU-Bundestagsabgeordnete Hans Michelbach erklärt: „Der heutige Kabinettsentwurf zur Reform der Erbschaftsteuer hat das Potenzial, die Wirtschaftsstruktur in Deutschland zu gefährden.

Der steuerpolitische Sprecher der Linksfraktion, Richard Pitterle, erklärt hingegen, die „enorme Privilegierung“ von Firmenerben gegenüber normalen Erben bleibe bestehen. „Der nächste Rüffel aus Karlsruhe wird nicht lange auf sich warten lassen“, erklärte er.

Die steuerpolitische Sprecherin der Grünen, Lisa Paus, kritisiert ebenfalls, die Befreiungen für große Vermögen seien „so weitgehend, dass ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bestehen“.

Karlsruhe hatte im Dezember 2014 geurteilt, es sei unzulässig, Großunternehmen weiter ohne konkrete Bedürfnisprüfung von der Erbschaftsteuer zu verschonen. Der Gesetzgeber muss bis Ende Juni 2016 eine Neuregelung erarbeiten.                                                                 Mit Material von afp

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