Landkreis erwartet Zuweisungen
Klar: Zunächst sei es wichtig, dass jeder ein Dach über dem Kopf habe. „Doch wer will schon länger in einer Turnhalle bleiben?“, fragt Anke Rieß-Fähnrich. Ziel sei daher, die Neuankömmlinge nach ein paar Tagen in der Marktredwitzer Turnhalle in Wohnungen umzusiedeln. Allerdings werde dies trotz der großen Hilfsbereitschaft immer schwieriger. Denn nicht nur die Ukrainer aus den Notunterkünften im Fichtelgebirge wollten in eigene Wohnungen umziehen. Der Landkreis bekomme von der Regierung zusätzlich weitere Geflüchtete zugewiesen – mit dem Auftrag, sie zu beherbergen.
Dank der Erstaufnahmeeinrichtung in Marktredwitz sei man zwar „für den Fall der Fälle gerüstet“, aber es gelte die Menschen schnell weiter zu verteilen, bevor die nächsten ins Fichtelgebirge geschickt würden. Auch Geflüchtete, die fürs Erste bei Verwandten oder Bekannten Unterschlupf gefunden hätten, wünschten sich spätestens nach einigen Wochen eigene Bleiben.
Familien brauchen mehr Platz
„Die Resonanz auf unsere Immobilen-Börse war sehr gut“, freut sich Rieß-Fähnrich. Über 150 Angebote unterschiedlichster Größenordnung kamen über das Online-Portal zusammen: vom kleinen Zimmer ohne eigenes Bad bis hin zur Drei-Zimmer-Wohnung. Allerdings sei alles Brauchbare längst weg. Daher bittet das Landratsamt: Jeder, der noch Wohnungen längerfristig vermieten könne, solle sich melden.
Besonders am Herzen liegt den Verantwortlichen, denjenigen Geflüchteten ein vernünftiges Dach über dem Kopf anzubieten, die sich für das Fichtelgebirge entschieden, weil hier Familienmitglieder oder Freunde leben. „Wer hier Anschluss hat, möchte vielleicht langfristig dableiben“, hofft die Medienreferentin. Inzwischen fragten die Einwohnermeldeämter im Landkreis gleich nach der Qualifikation, wenn Ukrainer sich registrieren ließen. Jobsuchende könnten sich direkt danach bei Agentur für Arbeit melden. Manch ein Arbeitgeber im Fichtelgebirge wäre bekanntlich sehr froh über neue Mitarbeiter.
Eigenmächtige Hilfe schwierig
Nicht glücklich sind die Verantwortlichen über eigenmächtige Rettungsaktionen. „Gut gemeint ist nicht unbedingt gut gemacht“, sagt Rieß-Fähnrich. Wer einfach losfahre, um Leute aus Krisengebieten zu holen, sei selbst für diese Menschen verantwortlich. Denn das Landratsamt müsse sich vorrangig um die Geflüchteten kümmern, die bereits bei Verwandten Unterschlupf gefunden hätten sowie um diejenigen, die die Regierung zuweise. „Wir dürfen in unsere dezentralen Unterkünfte nicht einfach Leute reinsetzen, die einer vor die Tür stellt.“ Außerdem reiche der Wohnraum im Fichtelgebirge jetzt schon nicht mehr aus.
„Aktuell ist es wirklich nicht sinnvoll, Menschen ohne die Garantie einer sicheren Unterbringungsmöglichkeit in den Landkreis zu holen, sie dann sich selbst zu überlassen und damit letztendlich vorhandene Strukturen zu überlasten“, bekräftigt Landrat Peter Berek.
Schulen heißen willkommen
Der Krieg in Ukraine bringt neue Schüler ins Fichtelgebirge. Der Wunsiedler Schulamtsdirektor Günter Tauber will den Geflüchteten möglichst schnell einen Zugang zum Unterricht ermöglichen. Taubers Schätzungen zufolge halten sich mindestens 170 Geflüchtete im Alter zwischen sechs und achtzehn Jahren im Kreis Wunsiedel auf. Etliche besuchen schon für sie passende Schulen.
In der Selber Bogner-Mittelschule gibt es eine erste Willkommensgruppe. 19 Ukrainer, vom Erstklässler bis zum Neuntklässler, sollen hier erst einmal ankommen. „Da geht es nicht ums Lernen, sondern darum, Alltagsstruktur und Vertrauen aufzubauen“, erklärt Tauber. Ausgelotet werde auch, ob es Traumatisierungen gebe – dann werde der Schulpsychologe eingeschaltet. Ziel sei, in jeder Schulart eine solche Gruppe einzuführen. Solbad geklärt sei, wie man jedem Kind am besten weiterhelfen kann, werde es entweder in eine eigenständige Gruppe integriert oder in den Regelunterricht, den Sprachkurse ergänzen.
Tauber ist froh, dass das Kultusministerium ihm nun zusätzliches Personal bewilligt hat. Der Schulamtsdirektor darf jetzt auch ukrainische Lehrkräfte und Dolmetscher zur Unterstützung anstellen.
Sirenen sollen niemanden erschrecken
Sorgen macht man sich im Wunsiedler Landratsamt über die Wirkung des Sirenenalarms am 2. April. Wie üblich sind am ersten Samstag im Monat um 11.30, um 12 und um 12.30 Uhr drei verschiedene Sirenen zu hören. Wer mit Ukrainern Kontakt hat, solle ihnen erklären, dass es sich um einen Probealarm handelt, damit die Kriegsflüchtlinge nicht erschräken, bittet Medienbeauftragte Anke Rieß-Fähnrich. Manche Orte im Fichtelgebirge erwögen, den Alarm ganz abzustellen.
Infos über Hilfe, Spenden und Vermietung
www.landkreis-wunsiedel.de/buergerservice/ukraine-hilfen
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