Woher kommt die Gewalt?
Gerade in Rettungsstellen der Krankenhäuser sei die Zahl der Gewalterfahrungen hoch, sagt Bobbert. Oft spiele Alkohol eine Rolle bei gewalttätigen Patienten. Auch das Gewaltpotenzial von Familienangehörigen oder Bekannten der Patienten habe in erheblichem Umfang zugenommen. Auslöser für Gewaltsituationen könnten beispielsweise als zu lang empfundene Wartezeiten sein.
"Davor dürfen wir unsere Augen nicht verschließen und müssen unsere Mitarbeitenden darauf vorbereiten und sie entsprechend schulen", fordert Bobbert. Auch die Sicherheitsmaßnahmen in Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen müssten erhöht werden: "Es ist unabdingbar, gerade auch in bestimmten Häusern und Einrichtungen dauerhaft Sicherheitspersonal vorzuhalten, um die Mitarbeitenden besser zu schützen", so Bobbert.
Auch Physician Assistant Tobias fordert mehr Sicherheit für das Krankenhauspersonal. "Man fühlt sich häufig alleingelassen mit den Problemen", sagt er. Es gebe nicht genug Wachschutz und es gehöre in vielen Notaufnahmen nicht zum Standard, dass Türen zu Diensträumen verschlossen sind. "Das sind ganz einfache Möglichkeiten, um Kollegen zu schützen", sagt er.
Schulungen für Ärzte und Pflegekräfte gefordert
Peter Bobbert vom Marburger Bund erklärt, es gehe auch darum, Pflegekräfte und Ärzte so zu schulen, dass Gewaltsituationen bereits im Entstehen erkannt werden, damit sie möglichst unter Kontrolle blieben und das Personal keinen Schaden nehme. "Genau die richtigen Verhaltensweisen in einer solchen oft nicht vorhersehbaren Situation schnell anzuwenden, muss noch mehr bei den Mitarbeitenden verankert werden."
Auch Tobias nahm als Pfleger an einem Deeskalationstraining teil. Das funktioniere dahingehend, dass man schon zu Beginn einer eskalierenden Situation erste Triggerpunkte erkennen und so früh reagieren könne. "Man lernt Coping-Strategien, um Angehörige ein bisschen herunterzufahren", sagt er. Es sei aber nicht immer einfach, sich darauf zu besinnen, wenn man selbst stark unter Stress stehe.
"Ich habe oft gezweifelt", sagt der erfahrene Pfleger. Schließlich habe er deshalb studiert und sei Physician Assistant geworden. Unter den derzeit gegebenen Voraussetzungen würde er niemandem raten, in die Pflege zu gehen. "Warum sollte ich mich einer Gefahr aussetzen, der ich nicht ausgesetzt werden muss, für ein Gehalt, das verschwindend ist?"