Bis Ende Februar wurden nach Angaben des UN-Satellitenzentrums (Unosat) mehr als 31.000 Gebäude zerstört. Zusätzlich seien weitere knapp 17.000 Gebäude schwer und fast 41.000 leicht beschädigt worden. Zusammen seien damit 35 Prozent aller Gebäude oder 121.400 Wohneinheiten betroffen. Unosat bezieht sich bei der Analyse auf Satellitenaufnahmen vom 29. Februar 2024. Diese wurden mit älteren Aufnahmen verglichen.
Israels Armee zerstört eigenen Angaben zufolge nur die Infrastruktur extremistischer Gruppen, zivile Einrichtungen seien keine Ziele. Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Palästinensergruppen nutzten jedoch Wohngebäude, Kliniken, Schulen und Moscheen mit Absicht für ihre Zwecke, so das Militär. Israel geht davon aus, dass die Hamas die Zerstörung und viele tote Zivilisten bewusst einkalkuliere, um international Sympathien für sich und zugleich Kritik an Israel zu erreichen.
"Können mit diesem Ausmaß der Zerstörung nicht umgehen"
"Wir sind zu Obdachlosen ohne eine Zukunft geworden", sagt Salah Kadih aus der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens der dpa. "Wir können mit diesem Ausmaß der Zerstörung nicht umgehen." Die Gegend mit den grauen Schuttbergen und Häuserskeletten sehe aus, als ob ein verheerendes Erdbeben stattgefunden habe, sagt der Vater von fünf Kindern. Die Stadt Chan Junis gilt als eine Hochburg der islamistischen Hamas.
Von dem zweistöckigen Wohnhaus, in dem seine Familie gewohnt habe, sei nach dem Einsatz der israelischen Armee in der Stadt nicht mehr viel übrig. "Sie haben hier alles zerstört. Sie haben unsere Häuser, unser Leben, unsere Träume zerstört", sagt der 42-Jährige unter Tränen. Auch seine Angaben ließen sich unabhängig nicht überprüfen.
Angesichts der hohen Zahl ziviler Opfer, der Zerstörung und der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen steht Israel international immer stärker in der Kritik. Auslöser des Gaza-Kriegs war der Terrorüberfall der Hamas und anderer Extremisten am 7. Oktober im Süden Israels. Sie töteten 1200 Menschen und verschleppten 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen. Israel griff das Küstengebiet daraufhin an, um die Hamas zu zerschlagen.
Beobachter warnen davor, dass nach einer möglichen israelischen Offensive in Rafah auch dieser Ort einem Trümmerfeld gleichen könnte. Die Stadt nahe der ägyptischen Grenze ist bislang noch vergleichsweise intakt. Israels Verbündete warnen eindringlich vor einem großangelegten Einsatz in der Stadt, in der sich Hunderttausende palästinensische Binnenflüchtlinge drängen. Israel hält einen Einsatz in Rafah jedoch für notwendig, um die verbliebenen Bataillone der islamistischen Terrororganisation Hamas zu zerstören. Das Land will zuvor die Zivilbevölkerung evakuieren. Ein Zuhause, in das sie zurückkehren können, haben viele Menschen jedoch nicht mehr.