Klinikum will Dementen besser helfen

Von K. Wojczenko und J. Umlauft

Um pflegebedürftigen und dementen Menschen unnötige Krankenhaus-Aufenthalte zu ersparen, sollen Hausärzte und Klinikum Bayreuth besser zusammenarbeiten. Wenn das Modellprojekt klappt, soll ganz Bayern davon lernen. Dr. Holger Lange, Leiter der Klinik für Geriatrie am Klinikum Bayreuth, sagt: Das ist höchste Zeit. "Zehn Prozent unserer Patienten müssten nicht ins Krankenhaus."

 
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Klinikum Bayreuth nimmt an oberfränkischem Modellprojekt Teil

Der Gesundheitsausschuss des Landtags hat auf Antrag der CSU am Dienstag einstimmig das oberfränkische Modellprojekt beschlossen. Ziel ist, eine systematische Kooperation niedergelassener Ärzte und der Klinik für Geriatrie am Klinikum Bayreuth sowie Pflegeeinrichtungen in den Landkreisen Kronach und Lichtenfels aufzubauen.

Das soll älteren und demenzkranken Menschen Krankenhausaufenthalte so weit wie möglich ersparen, erklärte der CSU-Abgeordnete Jürgen Baumgärtner. Dem Personal in den Pflegeheimen und den Hausärzten, die die alten Menschen betreuten, fehle oft die spezielle geriatrische Kompetenz. Diese würden deshalb zu oft ins Krankenhaus eingeliefert, wenn sie gesundheitliche Probleme haben.

Weniger Stress für die Patienten, weniger Kosten fürs Gesundheitswesen

Durch eine besondere Schulung und Betreuung der Hausärzte sowie besseren Einsatz von Telemedizin sollen die Krankenhauseinweisungen auf das unbedingt nötige Maß reduziert werden. Das schütze den Patienten vor Strapazen und Belastungen und könne dazu beitragen, die Kosten im Gesundheitswesen zu senken, sagt Baumgärtner.

„Ich bin überrascht und sehr erfreut, dass der Modellversuch nun beschlossen ist“, sagt Holger Lange über die Nachricht. Er ist Leiter der Klinik für Geriatrie am Klinikum Bayreuth, der mit 30 Jahren ältesten Geriatrie Bayerns. Schon vor zwei, drei Jahren habe er das erste Mal mit Baumgärtner über das Thema gesprochen und bei der Konzeption des Modellprojekts wesentliche Punkte ausgearbeitet.

"Das ist auch in Bayreuth ein Riesenproblem"

"Auch in Bayreuth werden immer mehr immer ältere Menschen ärztlich nicht optimal betreut, das ist ein Riesenproblem", sagt Lange. "Sie kommen wegen Kleinigkeiten ins Krankenhaus, die man hätte verhindern können.“ Häufig, weil sie zu wenig getrunken haben und ausgetrocknet sind oder wegen "banaler Infekte". In manchen Fällen könne die Gabe von Antibiotikum schon helfen und den Krankenhausaufenthalt vermeiden.

"Jeder Umgebungswechsel ist mit einer Desorientierung für ältere Menschen verbunden", sagt Lange. "Mindestens zehn Prozent der Patienten müssten bei besserer medizinischer Betreuung in den Altenheimen nicht zu uns kommen."

Dafür müssten die Hausärzte noch öfter vor Ort sein, statt Probleme telefonisch zu regeln. "Diese Hausbesuche müssten aber vergütet werden", sagt Lange. Eine Fallbesprechung mit allen Beteiligten wie in der Geriatrie des Klinikums sei ebenfalls wichtig. Das alles ist ins Konzept eingeflossen.

"Die Pflegekasse hat keinen Vorteil, wenn Menschen nicht ins Krankenhaus kommen"

Er habe versucht, mit hiesigen Altenheimen die Situation zu verbessern, sagt Lange. Ohne Erfolg. „Das hat nicht an mangelnder Bereitschaft der hiesigen Einrichtungen und Hausärzte gelegen, sondern es scheitert an Systemgrenzen.“ Also an rechtlichen und finanziellen Fragen, speziell der Kluft zwischen Pflegekassen und Krankenkassen.

"Die Pflegekasse hat keinen Vorteil, wenn Menschen nicht ins Krankenhaus müssen", sagt Lange. "Da denkt jeder nur an seinen eigenen Sektor. Aber bei einem Modellprojekt kann man diese Grenzen aufweichen." Umso passender, dass Kronach bis 2017 auch noch an der bayerischen Langzeitstudie zur Versorgung von Demenzerkrankungen im häuslichen Umfeld teilnehme.

Wie genau das Modellprojekt aussehen wird, ist noch unklar. Das Gesundheitsministerium wird nun mit den betroffenen Stellen in Oberfranken in Kontakt treten und Einzelheiten für die Umsetzung und Finanzierung des Modellprojekts ausarbeiten. Wenn das Landtagsplenum zugestimmt hat, können frühestens im Herbst die Planungen beginnen. In drei bis vier Jahren könnten erste Ergebnisse über die Wirksamkeit des Projekts vorliegen.

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