Kleinodien der Kammermusik

Von Gordian Beck
Das Trio Levin, Drescher, Dupree im Bayreuther Zentrum. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Zugegeben, eine Gebrauchsanweisung für einen optimalen Einstieg in ein klassisches Konzert gibt es natürlich nicht. Prinzipiell ist alles möglich. Jedoch, ein Kammermusikkonzert mit Franz Schuberts so genannter „Wandererfantasie“ zu eröffnen, dazu gehört Mut. Und Selbstbewusstsein.

 
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Denn dieses monumental anmutende Werk gibt sich zunächst etwas sperrig; es dauert, bis jener für Schubert so typisch poetisch-melancholische Ton durch die auffällig virtuos angelegten Akkordkaskaden schimmert. Da ist der Musiker in Gänze gefordert. Nicht nur ob des technischen und konditionellen Anspruchs, es gilt vor allem, den Zuhörer abzuholen.

Selten Magie

Dem Pianisten dieses Abends im Europasaal, Frank Dupree, gelang dies durchaus respektabel. Allerdings mit Abstrichen. Denn die Magie, die dieser Musik abseits ihrer virtuosen Attitüde zu eigen ist, drang einfach zu selten durch. Dabei verfügt Dupree – die weiteren Programmpunkte offenbarten es deutlich – sehr wohl über die Mittel, sein Publikum mitzureißen.

Vielleicht war es auch die Anspannung, die Dupree ihn jener Lockerheit beraubte, die man braucht, um diesen Parforceritt zum Hörereignis zu machen. Speziell bei Carl Maria von Webers Trio für Klavier, Flöte und Violoncello in g-Moll op.63, dem letzten Programmpunkt dieses Abonnementkonzert der Kulturfreunde Bayreuth, war vor allem er es, der Feuer in dieses temperamentvolle, viersätzige Bravourstück brachte, Akzente setzte und seine Mitstreiter, Elya Levin (Flöte) und Simone Drescher (Cello) mitriss.

Eine Frage der Energie

Erstaunlich, dass Dupree sich dabei nicht in den Vordergrund spielte, sondern konsequent in der ihm von Weber zugeschriebenen Rolle verblieb. Chapeau! Alles eben eine Frage der Energie und des Energieflusses.

Das gilt auch für Johannes Brahms zweite Cellosonate in F-Dur, op. 99. Eine Komposition, entstanden im Jahr 1886, in der sich ein fast schon heiterer Brahms offenbart, die jedoch nicht frei von schmerzlich tiefen Abgründen ist. Wie so oft bei Brahms gestaltet sich der Einstieg in diese Sonate kraftvoll ausladend, das Klavier liefert dazu ein wild-bewegtes Klangfundament. Wobei das eigentliche Thema auch einen schwärmerischen Zug hat. Die Balance zwischen diesen beiden Polen zu finden, ist nicht leicht; Simone Drescher gelang dies auf beeindruckende Weise, ihr Spiel offenbarte einerseits energischen Zugriff, andererseits Kantabilität und Ausdruck. Dupree war ihr ein kongenialer Partner, das zeigte sich vor allem in der sensibel zurückhaltenden Ausgestaltung des Dialogs zwischen Cello und Flügel im zweiten Satz.

Schlank und schnörkellos

Gegen diese emotional tief gehende und nicht einfach zu fassende Sonate hatten es die nach der Pause anstehenden drei Romanzen op. 94 Robert Schumanns zugegebenermaßen nicht leicht. Die drei Stimmungsbilder gehen ob ihrer klanglich ausdruckstarken Melodien problemlos ins Ohr, wobei das Soloinstrument – an diesem Samstagabend war es die Flöte – jeweils die Führung innehat und das Klavier die Begleitung stellt. Eine einfach strukturierte Musik, nimmt man die Brahmssonate als Maßstab. Eine Musik aber auch, die berührt. Zumindest, wenn man sie so wie Elya Levin präsentiert: präzise phrasiert, schlank und schnörkellos im Ton.

Tosender Applaus

Eine thematisch wundervolle Überleitung überdies zum Finale des Konzerts, jenem bereits erwähnten Trio von Carl-Maria von Weber. Den verdient tosenden, mit Bravos veredelten Applaus belohnten die Drei mit Carl- Maria von Webers „Aufforderung zum Tanz“, op. 65, ein ursprünglich für Klavier solo geschriebenes Rondo brillant, dessen Titel Programm ist und das man in dieser Besetzung wahrlich selten hört.

Dupree

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