Keine Hauptrollen für Bayreuther Allstars

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Zum direkten Duell der beiden Medi-Center kam es nur selten. Hier behauptete Andreas Seiferth den Ball gegen seinen Bayreuther Kollegen Assem Marei. Foto: Peter Kolb Foto: red

Raoul Korners Erwartungen wurden voll und ganz erfüllt. Der Trainer von Medi Bayreuth, der das Team International beim Allstar-Spiel in Göttingen betreute, war mit dem Vorsatz angetreten, Spaß zu haben und seinen Vorjahreserfolg zu wiederholen. Beides gelang dem Österreicher voll und ganz, schließlich bekam er beim 145:132 (74:64)-Erfolg seiner Mannschaft gegen das Team National ein regelrechtes Offensivspektakel geboten.

 
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Dass der Beitrag der beiden Bayreuther Spieler Assem Marei und Nate Linhart zum Sieg der internationalen Auswahl nicht über das Attribut „solide“ hinausreichte, war für alle mitgereisten Medi-Anhänger angesichts des Gebotenen locker zu verschmerzen.

Selbst Andreas Seiferth, der als einziger Bayreuther Akteur in Diensten der Verlierer stand, strahlte nach getaner Arbeit über beide Backen. Was wahrscheinlich daran lag, dass er seine vollmundige Ankündigung drei Minuten vor Spielende in die Tat umsetzte: Zum zweiten Mal in dieser Begegnung versuchte sich der Center von jenseits der Drei-Punkte-Linie, zum zweiten Mal aber scheiterte er. Damit war der Weg frei für den Berliner Peyton Siva, der im Gegenzug per Distanzwurf vorentscheidend auf 134:119 erhöhte.

Wenigstens durfte der „tragische Held“ für sich reklamieren, die interne Bayreuth-Wertung gewonnen zu haben. Mit zehn Punkten, acht Rebounds und einem Effektivitätswert von 13 lag Seiferth – zumindest statistisch gesehen – knapp vor Assem Marei (8/2/10) und Nate Linhart (5/2/7). Auf dem Feld kreuzten sich die Wege der Drei nur selten. Das aus Bayreuther Sicht mit Spannung erwartete direkte Duell unter den Körben zwischen Seiferth und dem Ägypter fand ganz selten statt, weil vor allem Marei nur gut elf Minuten auf dem Parkett stand. Selbst beim Tipp-Off gab es keinen Kontakt zwischen den beiden Centern, weil Seiferth nicht wie erwartet Marei beim Sprungball gegenüberstand, sondern dem Münchner Devin Booker.

Defensivarbeit offensichtlich ein Fremdwort

Die Geschichte des Spiels ist dann schnell erzählt. Die meist gebrauchte Floskel des Abends, nämlich „Spaß haben“, fand ihre Umsetzung auf dem Parkett in einem furiosen Offensivspektakel. Freunde von Alley-Oop-Versuchen und offenen Drei-Punkte-Würfen kamen ganz besonders auf ihre Kosten. Das war nur möglich, weil Defensivarbeit für beide Mannschaften offensichtlich ein Fremdwort war. Zum Beleg: Es gab im ganzen Spiel nur sechs Fouls, das erste beging der Berliner Luke Sikma nach sage und schreibe 9:29 Minuten.

Leicht angezogen wurden die Zügel erst im letzten Viertel, nachdem sich das Team National von einem zwischenzeitlichen 16-Punkte-Rückstand (38:54) auf Gleichstand (104:104) herangearbeitet hatte. Auf Augenhöhe ging es also in den Schlussabschnitt.

Wie der ehemalige Bayreuther und jetzige Ulmer Trey Lewis vor dem letzten Wechsel verriet, hatte Raoul Korner ihm und seinen Mannschaftskameraden eingetrichtert, nun „etwas mehr Wert auf die Defensive“ zu legen. Der Ehrgeiz des Bayreuther Trainers sollte sich auszahlen. Während die Offensivwaffen der internationalen Auswahl – die Dreier von Rickey Paulding und Peyton Siva sowie die Dunks von Jared Cunningham und Devin Booker – weiter erfolgreich waren, fanden die Bälle der Mannschaft von Trainer Dirk Bauermann den Weg nur noch selten ins Ziel. Vielleicht hätte ein erfolgreicher Dreier von Andreas Seiferth das Momentum noch einmal zurückholen können. Der Versuch des Medi-Canters verfehlte sein Ziel aber deutlich.

Statistik

Team national: Saibou (20 Punkte / 18:10 Min. Einsatzzeit / Plus-Minus-Bilanz: -15), GÜNTHER (8/20:36/10), Dileo (3/14:03/ -14), Akpinar (16/21:20/-9), Stuckey (14/14:01/-22), SEIFERTH (10/ 20:11/-11), LO (0/5:35/5), Bartolo (10/17:12/0), BENZING (10/18:16/ -3), BARTHEL (13/15:11/8), Thiemann (14/17:15/-4), Zirbes (14/18:10/-10); Feldwurfquote: 56/101 (55 Prozent), davon 18/47 Dreier (38 Prozent): Stuckey (4/6), Saibou (4/7), Akpinar (4/9), Benzing (2/5), Günther (2/9), Barthel (1/1), Dileo (1/3); Freiwürfe: 2/3 (67 Prozent); Rebounds: 31 defensiv, 14 offensiv (Benzing 2/7, Seiferth 2/6); Ballgewinne: 2; Ballverluste: 11; Assists: 32 (Günther 8); Effektivität: 155 (Saibou 21, Zirbes 21).

Team international: Walkup (15/17:44/22), SIVA (23/ 18:37/2), Linhart (5/15:13/1), Cunningham (12/16:48/-1), LEWIS (16/15:01/-9), Mayo (6/10:21/3), Stockton (8/20:42/28), PAULDING (8/17:13/-1), BOOKER (22/25:47/-2), Eatherton (15/15:31/20), Sikma (6/15:52/13), Marei (8/11:11/-11); Feldwurfquote: 63/104 (61 Prozent), davon 16/41 Dreier (39 Prozent): Siva (7/13), Mayo (2/4), Paulding (2/4), Lewis (2/6), Eatherton (1/1), Walkup (1/2), Linhart (1/2); Freiwürfe: 3/3 (100 Prozent); Rebounds: 32 defensiv, 9 offensiv (Paulding 6/2); Ballgewinne: 10 (Stockton 4); Ballverluste: 4; Assists: 40 (Stockton 12); Effektivität: 191 (Stockton 27, Siva 25, Booker 24).

SR: Streit, Groll, Kattur; Zuschauer: 3258 (ausverkauft).

Stationen: 13:11 (5.), 29:33 (1. Viertel), 38:54 (14.), 64:74 (Halbzeit), 81:84 (24.), 104:104 (3. Viertel), 115:123 (35.), 132:145 (Ende).

Allstar-Splitter

Bescheidener MVP: Der Spieler mit der größten Ausbeute wurde auch zum MVP gewählt, zum wertvollsten Spieler des Abends. Wobei der Berliner Guard Peyton Siva nicht nur mit 23 Punkten glänzte, sondern auch mit einigen spektakulären Anspielen, meist auf den sprunggewaltigen Münchner Jared Cunningham. Der verwandelte diese Assists drei Mal mit krachenden Alley-Oop-Dunkings. Er habe sehr davon profitiert, dass ihm sein Berliner Team-Kollege Joshiko Saibou als direkter Gegenspieler so viele Freiheiten gewährt hatte, gab sich Siva am Ende äußerst bescheiden und ergänzte: „Eigentlich wollte ich ja nur Spaß haben und Freunde treffen, das hier ist natürlich die Krönung. Ich genieße es.“

Weitwurf unter Zeitdruck: In der Bundesliga läuft es für den schnellen Pointguard und seine Bamberger Mannschaft noch nicht so überragend. Beim Dreier-Wettbewerb aber konnte Maodo Lo kein Konkurrent das Wasser reichen. In der Finalrunde holte der 25-jährige gebürtige Berliner 17 von möglichen 33 Punkten innerhalb von 60 Sekunden. Damit bezwang Lo den Ludwigsburger Thomas Walkup (16) und Peyton Siva (15). „Es war für mich eine ganz neue Erfahrung, Dreier unter diesem enormen Zeitdruck zu werfen. Aber es hat Spaß gemacht“, gab der Sieger des Wettbewerbs am Ende zu Protokoll.

Donald Trump in einer Nebenrolle: Eine Wachablösung gab es beim vermeintlich spektakulärsten Teil des Allstar-Tags, dem Dunking-Wettbewerb. Vorjahressieger Brian Butler vom Zweitligisten Ehingen übersprang beim finalen Dunking zwar zwei Statisten, an die Wertung des Gießeners Jamar Abrams kam er trotzdem nicht heran. Dessen Dunking war zwar schlicht, aber ungemein explosiv und extrem hoch. Für Gesprächsstoff sorgte auch ein Dunking des drittplatzierten Julian Gamble von TB Bonn, der bei seiner Einlage ein Donald-Trump-Double übersprang und dabei auch zu Fall brachte.

Hochklassiges Fernduell der Oldies: Kein bisschen Rost angesetzt hatten die drei deutschen „Basketball-Legenden“, die zum Dreier-Wettbewerb antraten. Der Berliner Sebastian Machowski, der gebürtige Bamberger Sven Schultze und der Göttinger Robert Kulawick lieferten sich ein hochklassiges Fern-Duell. Am Ende war gegen Vorjahressieger Machowski kein Kraut gewachsen, da er den finalen Wurf von der Mittellinie ohne Ringberührung durch die Reuse jagte und damit gegen Kulawick mit 15:14 gewann. Dementsprechend überschwänglich war die Freude des 45-jährigen Ex-Nationalspielers. „Das war definitiv der schönste Moment des Abends für mich“, sagte Machowski.

Bayreuther Fan: Reise nach Göttingen nicht bereut

Der Nemmersdorfer Marco Ziegler ist zwar kein Dauerkarten-Inhaber von Medi Bayreuth, glühender Fan des Bundesligisten ist er trotzdem. Seit dem Wiederaufstieg der Bayreuther Basketballer in die Bundesliga verfolgt er das Geschehen intensiv. So oft es geht, ist der 42-jährige Außendienstmitarbeiter eines internationalen Konzerns in der Oberfrankenhalle vertreten. Auch das Allstar-Spiel wollte er sich nicht entgehen lassen, nachdem bekannt wurde, dass vier Bayreuther mit von der Partie sein würden.

Bereut hat er die 350 Kilometer einfach nach Göttingen nicht. Ganz im Gegenteil. „Es war geil. Eine super Atmosphäre in einer echt starken Location“, fällt sein Fazit überaus positiv aus. Hinzu kam, dass sich, wie Marco Ziegler sagt, „eine illustre Reisegruppe“ zusammengefunden hatte. „Wir waren schon recht früh in Göttingen, haben dann noch miteinander gegessen in einem super Restaurant und den ganzen Tag genossen.“

Krönender Abschluss des Ausflugs war für ihn das Spiel. „Ein echtes Spektakel mit vielen guten Szenen.“ Seiner Ansicht nach gab es im Duell der nationalen gegen die internationale Auswahl mehr sehenswerte Dunkings als beim Dunking-Wettbewerb. „Der war eher enttäuschend und das schwächste Element des Tages.“ Die Rolle der Medi-Spieler bezeichnet er als überschaubar. „Linhart und Marei haben ein bisschen wenig Spielzeit bekommen, aber wenn sie auf dem Feld waren, haben sie sich gut verkauft. Andi Seiferth hingegen hatte schon auch schwache Momente. Vogelwild waren seine beiden Dreier-Versuche.“

Das Hoch des Bayreuther Basketballs macht Ziegler – wie viele andere auch – vor allem an Trainer Raoul Korner fest. „Er hat die Mannschaft überragend zusammengestellt. Man kann nur hoffen, dass er in Bayreuth bleibt.“ Nicht so tragisch sieht er hingegen das Ausscheiden von Geschäftsführer Philipp Galewski. „Er ist ohne Zweifel ein guter Mann, aber ich denke schon, dass es gelingt, für diese Position einen würdigen Nachfolger zu finden. Einen adäquaten Nachfolger für Raoul Korner zu finden, das wäre wesentlich schwerer.“

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