Karpfen Spezialität und Kulturgut der Oberpfalz

Robert Dotzauer
Aus Karpfenstücken, Karkassen, Wurzelgemüse und vielen Gewürzen zaubert Hauswirtschaftsmeisterin Jutta Bundscherer eine Karpfensuppe. Foto: Robert Dotzauer

Der Karpfen war in der Region von jeher ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und kommt nicht nur im Kloster Speinshart oft auf den Tisch.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Der Fisch zu Weihnachten, zu Silvester und zur Fastenzeit? Karpfen natürlich. Schon im 15. Jahrhundert lebte die nördliche Oberpfalz mit und vom Karpfen. Ein echter Wirtschaftsfaktor – lange Zeit auch für das Kloster Speinshart

Der Oberpfälzer Karpfen ist üble Nachrede gewohnt. Die Australier halten den Fisch für eine Pest, die Amerikaner für Abfall, die Engländer sehen in ihm schlicht einen Fisch, der sich im Schlamm suhlt. Der Karpfen – das Schwein unter den Fischen?

Jutta Bundscherer, Hauswirtschaftsmeisterin im Kloster Speinshart, kann da nur den Kopf schütteln. Sie lässt nichts auf den heimischen Süßwasserfisch kommen und auch viele Schmankerlwirte, Fischliebhaber und selbst Kommunen preisen ihre Karpfen als Gesundbrunnen.

Im Stadtwappen

So ist er zum Beispiel seit Menschengedenken im Eschenbacher Stadtwappen verankert, und auch in der kupfernen Wetterfahne des Kirchturmes der Pfarrkirche Sankt Laurentius ist der Fisch präsent. Die Eschenbacher sind stolz auf ihren Karpfen, züchten, essen und feiern ihn. Eine Lebensauffassung, die sich über Jahrhunderte verdichtete und im späten Mittelalter auch die Ländereien der Prämonstratenserabtei Speinshart prägte.

Der Karpfen, ein wertvolles Kulturerbe, dessen Ursprung auch mit den Klostergründungen zusammenhängt. In der Abtei Speinshart gehörte der Fisch zur Lebensphilosophie. Geschichte und Geschichten rund um Fische und Teiche erzählen davon. Die Chroniken berichten von 65 Teichen im Besitz des Klosters, verstreut auf die ganze Region und mit 70 Hektar Wasserfläche schon im Mittelalter ein gewichtiges Pfund in der Nahrungsmittelkette vergangener Zeiten.

Teichlandschaften

Noch heute zeugen viele Teichlandschaften von den klösterlichen Pionieren der Fischzucht. Könnten zum Beispiel der 25 Hektar große Rußweiher oder der mit fast einer Million Quadratmeter große „Obersee“ im Naturschutzgebiet Vogelfreistätte Großer Rußweiher reden, sie hätten viel zu erzählen von der ausgeklügelten und steten Perfektionierung der Karpfenzucht, von der Erfindung des „Mönch“, von Fangmethoden oder vom Auswässern mit Frischwasser, um den modrigen Geschmack des Spiegel- oder Graskarpfens abzulegen.

Fastentage sind Karpfentage

Ein wesentlicher Faktor klösterlicher Fischzucht waren die vielen Fastentage als Zeiten der Besinnung und Demut. Im Mittelalter eroberte der Karpfen die Klosterküchen in einer Zeit, in der an bis zu 150 Tagen im Jahr gefastet wurde. Fleischverzehr galt in dieser Zeit als Sünde. Heiligabend, Aschermittwoch und Karfreitag galten und gelten als strenge Fasttage, und viele Abstinenztage erinnern an den freiwilligen Fleischverzicht. Laut alter Klosterregeln war alles Tierische mit vier Beinen vom Verzehr ausgeschlossen. Als proteinreicher Joker half der Karpfen, der an den meisten Fasttagen verzehrt werden durfte.

Ein Geschenk des Himmels für viele hungrige Mäuler. Hart trafen das Kloster Speinshart deshalb die Enteignungen während der Reformation und der Säkularisierungen. Trotz Übernahme durch Gemeinden und Privatleute erlebte die Teichwirtschaft massive Einbrüche. Der gute Ruf des Karpfens als einer der ältesten Kulturfische weltweit überstand auch diese Epoche.

Loblied

Deshalb kommt auch aus der Klosterküche Speinshart ein Loblied auf den Karpfen. Auf dem Speiseplan für den Konvent ist er regelmäßig vertreten. Jutta Bundscherer verzauberte den Kulturfisch am Aschermittwoch zur kulinarischen Fastenspeise. Meist sind es Karpfen blau, Karpfen in Folie mit viel Gemüse oder Karpfen gebacken und filetiert sowie mit knuspriger Panade, serviert mit herzhaftem Kartoffelsalat, die auf den Tellern landen.

Diese „Kloster-Karpfen-Symbiose“ fortsetzend, verfeinerte die Küchenchefin und Hauswirtschaftsmeisterin das Fastenessen der Patres mit dem ganz speziellen Fischgericht der „Karpfensuppe“. Eine ideale Fastenspeise mit hohem Eiweißgehalt, mit viel Wurzelgemüse aus dem Klostergarten, Oberpfälzer Erdäpfeln und ohne Schadstoffbelastung.

Nach dem Abfischen aus heimischen Teichen und dem anschließenden Wässern kamen die Fische frisch geschlachtet und filetiert aus der Regionalvermarktung. Insgesamt ein diätisches Vergnügen, das schon im antiken China als Gesundbrunnen galt. Warum also nicht auch in der Oberpfalz? Keine Frage. Das Gericht zählt zu den nachhaltigsten Fischspezialitäten und verwöhnte auch im Refektorium des Klosters.

Bilder