Die einst so stolze Insel, die sich trotz aller Probleme immer rühmte, kaum Armut zu haben, hungert. „Familien, die keine Verwandte im Ausland haben oder über Arbeit im Privatsektor an Devisen kommen, befinden sich in einer sehr heiklen Situation der Armut“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Pavel Vidal. „Besonders hart trifft es Rentner.“ Diese bleiben zurück auf der Insel, ebenso wie die Überzeugten. Auch Maria Elena Quinteros und ihre Schwester Natalia harren aus. „Wir hoffen noch immer auf Besserung.“
Sprit wird um 500 Prozent teurer
Aber 2024 wird es die kaum geben. Denn gleich nach Weihnachten stimmte die Regierung die Bevölkerung auf noch härtere Zeiten ein. Vom 1. Februar an wird der Preis des hochsubventionierten Sprits um 500 Prozent angehoben. Der Liter Normalbenzin kostet dann umgerechnet gut einen Euro. Der Strom wird zum Monatsanfang um 25 Prozent angehoben, und im März wird das Flüssiggas um gut ein Drittel teurer.
Die kommunistische Regierung führt Krise und Knappheit auf die Verschärfung des US-Embargos in den vergangenen Jahren und die Auswirkungen der Pandemie sowie die Krise der ewigen Verbündeten wie Venezuela und Russland zurück. Der weltweite Anstieg der Inflation tut das Übrige.
Hunderttausende Kubaner wandern aus
Aber mindestens so schwer wiegen die systemimmanenten Probleme. „Es fehlt der politische Wille, die notwendigen Veränderungen vorzunehmen“, unterstreicht der kubanische Ökonom Vidal. Auch die jetzigen Preiserhöhungen würden die Staatsfinanzen nicht nachhaltig verbessern. Der größte Fehler sei aber das Beharren auf dem Modell der Kommandowirtschaft und dem staatlichen Monopol auf Industrien und Märkte. „Auch jetzt werden nicht die Hunderte von Zombie-Staatsunternehmen umstrukturiert, die keinen Wohlstand schaffen“, unterstreicht Vidal, der an der katholischen Javeriana-Universität im kolumbianischen Cali forscht. Solange der Staatssektor überdimensioniert bleibt, sei eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung schwer vorstellbar.
In der Folge verkaufen die Menschen weiter Haus und Hof und kehren der Insel den Rücken. Mindestens eine Million Menschen sind seit 2021 gegangen. Laut der Nichtregierungsorganisation WOLA (Washingtoner Büro für Lateinamerika) sind allein in den vergangenen zwei Jahren etwa 425 000 kubanische Migranten in den USA angekommen, weitere 36 000 beantragten Asyl in Mexiko.
Tourismus stockt seit Corona
Pandemie
Die Coronapandemie traf Kuba ebenso wie viele andere Länder, für die der Tourismus einen großen Teil der Wirtschaft ausmacht. Besonders hart trifft die Inselwirtschaft, dass der in der Pandemie eingebrochene Tourismus bis heute nicht wieder richtig anspringt.
Besucher
Vergangenes Jahr kamen nach offiziellen Angaben gerade mal knapp 2,4 Millionen Besucher auf die Insel. Davon waren 350 000 aber im Ausland lebende Kubanerinnen und Kubaner. 2019 waren noch 4,2 Millionen Besucher gekommen.