Kabinett billigt Philharmonie-Umbau

Statt eines neuen Konzertsaals soll in München der bestehende im Gasteig umgebaut werden. Archivfoto: dpa Foto: red

Nach jahrelangem Dauerstreit über einen neuen Konzertsaal in München hat die Staatsregierung die Weichen gestellt: Es soll keinen dritten Saal geben, stattdessen soll die Philharmonie im Gasteig komplett umgebaut werden. Damit war der Protest der vergangenen Woche, vor allem im Internet, nicht erfolgreich.

 
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Ungeachtet heftiger Kritik aus der Kulturszene stellte sich das bayerische Kabinett damit am Dienstag hinter den kürzlich von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) ausgehandelten Plan.

Dieser sieht vor, dass in der alten Hülle des Kulturzentrums Gasteig ein komplett neuer Konzertsaal entstehen soll. Dort soll neben den Münchner Philharmonikern auch das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks eine Heimat bekommen, mit abwechselnden Belegungsrechten. Pläne für einen weiteren Konzertsaal werden damit auf Eis gelegt.

Die Proteste haben nichts genützt: "Wir fordern den Bau eines neuen Konzert- und Kulturzentrums in München anstelle der beschlossenen Komplettsanierung und Umbau des Gasteigs", hieß es etwa in einer Petition auf OpenPetition, die bis Montagnachmittag über 17.000 Menschen gezeichnet hatten. Des weiteren folgt eine Erläuterung von Folgen, wenn das Kulturleben in München derart eingeschränkt werde, wie das durch die Entscheidung gegen einen neuen Konzertsaal der Fall wäre, so die Initiatoren. Die Münchner Pianistin Valentina Babor hatte die Petition am vergangenen Mittwoch ins Netz gestellt.

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hatten sich vor einer Woche geeinigt, keinen Neubau zu planen, sondern das für seine schlechte Akustik berühmt-berüchtigte Kulturzentrum am Gasteig umzubauen. Dabei solle eine Akustik auf höchstem Niveau entstehen, versicherten beide. Dort sollen sowohl das Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks als auch die Münchner Philharmoniker ihre Heimat finden. Das sorgte unter Musikfreunden und bei den Orchestern für heftige Kritik.

Der Experte Karlheinz Müller, der als einer der weltweit renommiertesten Fachmänner für Bau- und Raumakustik gilt, befürchtet ein Debakel beim geplanten Totalumbau der Münchner Philharmonie. Es gebe beim «Bauen im Bestand» viele Unwägbarkeiten. «Der Worst-Case würde eintreten, wenn man erst während des Umbaus merkt, dass es doch nicht ohne einen Totalabriss geht», sagte er in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. «Dann explodieren die Kosten. Schlimmstenfalls bekommen wir eine Elbphilharmonie auf Raten.»

Müller arbeitete rund 40 Jahre für das Münchner Ingenieurbüro Müller-BBM, das zuletzt Projekte wie das Mariinski 2 in St. Petersburg oder die neue Florentiner Oper betreut.

BR-Intendant Ulrich Wilhelm sagte der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Montag), er hoffe, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen sei. «Es geht um mehr als nur den Musikstandort München, es geht um dessen Strahlkraft für ganz Bayern.» Das BR-Sinfonieorchester hatte mit seinem Chefdirigenten Mariss Jansons jahrelang an vorderster Front für einen neuen Konzertsaal gekämpft. Für diesen Dienstag haben Wilhelm und Jansons zu einer Pressekonferenz geladen.

Aus Bayreuther Sicht sieht das Ganze etwas anders aus. Hierzu schrieb Kurier-Kulturchef Florian Zinnecker den Münchenern einen offenen Brief.

dpa/kfe

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