Verflixt und zugeparkt Wegen Shell-Autohof-Insolvenz: Himmelkron verschenkt Stellplätze für Lkw und zahlt drauf

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 Foto: red

Jetzt parken die Lkw wieder – auf dem Shell-Autohof und auf Kosten der Gemeinde. Seit die Tankstelle insolvent ist, standen sie wild vor dem Gelände. Die Gemeinde war unter Druck: entweder beschädigte Gehsteige oder zahlen für die Besorgung des Parkplatzes.

 
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Seit Mai hat Bürgermeister Gerhard Schneider (CSU) Ärger. Ständig Beschwerden, weil Lastwagen Straßen und Gehwege im Industriegebiet zuparken. Für die Lkw der Spedition nebenan war kein Durchkommen. Zwar ist beim ehemaligen Shell-Autohof absolutes Halteverbot und eine Feuerwehranfahrtszone. Teuerste Parkplätze also – trotzdem für die Lkw-Fahrer noch billiger, als beim Überschreiten der Lenkzeit erwischt zu werden.

Seit der Autohof in Himmelkron geschlossen hat, sind die Parkplätze entlang der A 9 noch knapper geworden. Allein von Nürnberg bis Bayreuth fehlen laut Autobahndirektion Nordbayern 200. Warum geht bei diesem Bedarf ein Autohof in die Insolvenz? Auf einem Abschnitt, den täglich mehr als 62.000 Fahrzeuge passieren? Eine Spurensuche.

"Kaputt wegen der Kirche"

„Wir sind nicht kaputtgegangen wegen des laufenden Betriebes, sondern wegen der Kirche“, sagt Walter Opitz (63). Als er den Autohof vor fast 20 Jahren kaufte, war er einer der ersten. Die Aral-Tankstelle und die Frankenfarm kamen Jahre später. Gekauft hat er das fünf Hektar große Land von einem Rechtsanwaltsbüro in Oldenburg. Bis zu 80 Mitarbeiter beschäftigte er, teilweise rund um die Uhr. Das Hotel mit 94 Zimmern, zwei Gaststätten, 120 Essen allein am Abend, eine Million Liter Treibstoff pro Monat, bis zu 110 parkende Lkw pro Tag – „es lief gut“, sagt Opitz. Aber das Gelände gehört der evangelischen Kirche, genauer der Pfründestiftung in München, die dafür Erbbauzins verlangt. Opitz muss pro Jahr etwa 50.000 Euro zahlen. Das ist zuviel für ihn, als die Umsätze einbrechen.

Er hält durch, als die Konkurrenten ringsum kamen. „Fünf Gastronomien, das müssen Sie erst mal verkraften.“ Er hält durch, als die Autobahnauffahrt beim dreispurigen Ausbau nicht mehr direkt auf seinen Autohof führt. Er hält durch, als das Geschäft mit den Busreisenden einbricht. „Die kamen nur noch, um aufs Klo zu gehen.“ Aber von einem Tag zum anderen sind die Grenzen zu Tschechien auf – und damit brach ein Viertel seiner Kunden weg. „Die durften nur 200 Liter im Tank haben, wenn sie rein- oder rausfuhren“, sagt er. Und dann habe er irgendwann „kein Plus und kein Minus“ mehr gemacht. Das Sommerplus reichte, um das Winterminus auszugleichen

Verkauf seit Jahren versucht

Deshalb hat er seit Jahren versucht, den Autohof zu verkaufen, seine Söhne wollten ihn nicht. 2006 ging er erstmals in die Insolvenz. Eine „strategische“ Entscheidung nennt er das. Zu viele Mitarbeiter, die einen Betriebsrat hatten. Bei sinkenden Umsätzen keine gute Kombination für einen Unternehmer. Verzweifelt versucht er, wenigstens den Erbbau-Zins zu verringern. Er wäre noch 80 Jahre lang zu zahlen gewesen. Angeblich habe die Kirche ihm eine mündliche Zusage gegeben – aber nicht gehalten. Plötzlich habe er mehr als 300.000 Euro „nachzahlen“ gemusst. Da habe er Insolvenz angemeldet. Und jetzt ist er sauer, weil das Hotel über die Festspiele in Bayreuth ausgebucht gewesen sei – aber der Insolvenzverwalter habe die Mitarbeiter nicht bezahlt.

Als Holger-Christian Buehler kam, war der Betrieb schon geschlossen, die 27 Mitarbeiter waren schon gekündigt, das Hotel geschlossen. Shell hatte das Benzin abgepumpt, die Zähler ausgebaut. Jetzt verstauben im Tankshop nur noch ein paar Dutzend Dosen Motoröl und Regale voller Chips und Kekse. Buehler ist der Insolvenz-Verwalter und gewohnt, dass er der unbeliebteste Beteiligte ist. Nein, mitnichten sei das Hotel ausgebucht gewesen, sagt er und seufzt. Selbst in Spitzenzeiten habe die Auslastung bei höchstens 50 Prozent gelegen. „Man hätte das Hotel weiterbetreiben können, aber es ließ sich betriebswirtschaftlich nicht darstellen.“ Eine nette Umschreibung dafür, dass auch das Hotel pleite war. Und dafür, dass die Firmen-Konstellation „nebulös“ war, wie es auf der Gemeinde heißt.

Hinter dem Autohof steckten zeitweise bis zu sieben Firmen, zuletzt waren es nur noch drei: Zwei GmbHs, denen die Liegenschaften gehörten, und der Tankpunkt Himmelkron. Der war die englische Variante der GmbH, eine „Limited“. In ihr waren die Angestellten – auch die für das Hotel. Und diese Limited war insolvent. „Die Verschachtelung war von Anfang an so“, sagt Theodor Bussemer aus Baden-Württemberg. Der 69-Jährige war in den Hochzeiten des Autohofes der Prokurist. Schon am Anfang sei Opitz übervorteilt worden. „Viel falsch gemacht hat der nicht“, sagt Bussemer. Höchstens auf die falschen Geschäftsführer gesetzt.

„Würde ich auch nicht mehr machen“

„Würde ich auch nicht mehr machen“, sagt Opitz, der seit der ersten Insolvenz in Frankreich nahe der deutschen Grenze bei Karlsruhe lebt. Aber gegen Vorwürfe, „unseriös“ zu sein, wehrt er sich. Alle Rechnungen seien bezahlt. Kurz vor Schluss habe er noch eine Klimaanlage eingebaut, eine Waschmaschine und einen großen Kühlschrank – „alles bezahlt“. Allerdings stellte Shell zum Schluss die Treibstoff-Lieferungen ein. Und die 6500 Euro Miete, die die Spielothek immer noch monatlich abwirft, half ihm auch nicht mehr.

Jetzt hat die Gemeinde Klohäuschen aufgestellt und sie entsorgt auf ihre Kosten den Müll der Trucker. Wolfgang Lukas von der Autobahndirektion Nordbayern hat Hilfe signalisiert. „Einem Zuschuss verschließt sich die Direktion nicht.“ Insolvenzverwalter Buehler sucht einen Betreiber oder einen Investor. Schwierig sei das, weil die Gebäude nicht voneinander getrennt seien. Opitz „hat kein Auskommen mehr“, aber hat „damit abgeschlossen“. Die Kirche will sich erst nächste Woche äußern. Die Lkw parken umsonst. Und Bürgermeister Schneider? „Ich sage jetzt gar nichts mehr.“

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