Jeden Samstagmorgen kommt er zur selben Uhrzeit vorbei Bad Berneck: Roter Kater lässt sich von Zeitungsausträger rumkutschieren

Von Martina Bay

David Heidenreich trägt seit zehn Jahren jeden Samstag in Bad Berneck die Zeitungen aus. Seit einem Dreivierteljahr leistet ihm ein roter Kater Gesellschaft. Er holt sich seine Streicheleinheiten, setzt sich auf den Zeitungstrolli und fährt eine Runde mit. Seitdem ist er nur an einem Samstag nicht aufgetaucht.

 
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Aus dem Nichts erscheint der rote Kater in der Eichendorffstraße in Bad Berneck. Es ist Samstagmorgen, halb fünf. Arbeitsbeginn von David Heidenreich. Die beiden müssen sich ausgiebig begrüßen. Schließlich haben sie sich eine Woche nicht gesehen. Der rot getigerte Kater rennt auf Heidenreich zu, der Schwanz steht senkrecht nach oben. Mit seiner Körpersprache signalisiert er, dass er gut gelaunt ist. Er schmiegt sich an Heidenreichs Beine, läuft um ihn herum. Heidenreich streichelt ihm sanft über den Kopf.

"Sobald ich in der Eichendorffstraße die Zeitungen austrage, kommt er. Immer um halb fünf", sagt Heidenreich. Im Frühjahr habe er ihn das erste Mal gesehen. Am Anfang war der Kater mit dem grünen Halsband, dessen Besitzer Heidenreich nicht kennt, weniger zutraulich. "Er hat Abstand gehalten, den Zeitungstrolli hat er neugierig inspiziert." Er schwänzelt nun um den grünen Zeitungstrolli, an den Ecken und Kanten reibt er seinen Kopf.

Im Dunkeln ist gut munkeln

Die Augen des Katers haben sich in der Dunkelheit entsprechend angepasst. Sie sind kreisrund. Sein Blick ist wachsam. Im Vergleich zu den Menschen können Katzen ihre Pupillen dreimal so stark ausdehnen. Damit kann mehr Licht auf die Netzhaut fallen. Er springt auf den Zeitungstrolli und schmust mit dem Trolligriff. Er schnurrt ganz laut, wirkt zufrieden. Heidenreich muss wieder streicheln. Der Kater legt sich auf die Zeitungen. Jetzt kann die Fahrt losgehen. Den Trolli schiebt Heidenreich vor sich her. Der Kater hat eine gute Sicht über sein Revier.

Heidenreich kann sich das nicht erklären, warum ihn der Kater jeden Samstag begleitet. "Ich gebe ihm nicht einmal etwas zu essen", sagt er. Zu seiner Mutter, die die Zeitungen von Montag bis Freitag auf dieser Strecke austrägt, kommt er nicht. "Das ist ganz verrückt", sagt Heidenreich, der unter der Woche als Busfahrer arbeitet. Der Kater macht wenig Anstalten, sich von den Zeitungen zu erheben. Heidenreich muss ihn etwas zur Seite schieben, damit er an die Zeitungen kommt.

Nur an einem Samstag kam der Kater nicht

Immer wieder springt der Kater von dem Trolli runter und läuft ein Stück neben Heidenreich her. Auf jedes Geräusch reagiert er. Er schaut sich in den Gärten der Häuser um, inspiziert die Autos. Sein Weg führt ihn immer wieder zu Heidenreich und dem Zeitungswagen. "Es ist doch schön, wenn ich nicht alleine unterwegs bin", sagt Heidenreich. Nur an einem Samstag kam der Kater bislang nicht. "Da hat es geschüttet, sonst ist er bei Wind und Wetter dabei", sagt er.

Heidenreich ist schon als Kind mit Katzen aufgewachsen, auch die Nachbarskatzen kamen immer vorbei. Einen Namen hat er für den roten Kater noch nicht. "Vielleicht Garfield", sagt er. Nach einer Stunde hat der Kater genug. So lautlos wie er kam, verschwindet er auch wieder. Nur die Zeitungen sind ganz leicht zerknittert.

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