Interview mit dem bayerischen Innenminister Herrmann: "Wir haben Mut zur Zukunft"

Von Manfred Schweidler
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Foto: Archiv/Andreas Harbach Foto: red

Moderat im Ton, hart in der Sache präsentierte sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann nach einer Rede vor Parteifreunden zur Inneren Sicherheit. Dabei ging es um notwendige und übertriebene Toleranz, aber auch um die Lehren aus dem Axt-Attentat in Würzburg.

 
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Vor Parteifreunden in Würzburg haben Sie jetzt eine Standortbestimmung vorgenommen. Die CSU ist Ihren Worten zufolge „nicht die Partei der Angstmacher, nicht die der Neinsager“, sondern …?

Joachim Herrmann: …wir haben Mut zur Zukunft und Lust auf Zukunft. Die wollen wir weiter gestalten.

Ihnen ist die Abwägung zwischen Toleranz und starkem Staat wichtig – aber Sie warnen, zu viel Toleranz könnte als Schwäche empfunden werden.

Herrmann: Wir sind stolz darauf, ein sehr tolerantes Land zu sein. Aber die Lehre aus der deutschen Geschichte ist auch: Wenn die Toleranten zu lange tolerant sind gegenüber fanatisch Intoleranten, kann der Tag kommen, an dem die fanatisch Intoleranten die Macht übernehmen und die Toleranten nichts mehr zu sagen haben. Das wollen wir nie wieder erleben.

Der Landtagsabgeordnete Oliver Jörg hat Sie hier als den „besten Innenminister Europas“ begrüßt. Könnte man das nicht als versteckten Versuch verstehen, Sie auf den Posten des Bundesinnenministers nach Berlin wegzuloben?

Herrmann: Das mit dem besten Innenminister Europas scheint mir arg dick aufgetragen. Ich habe das so verstanden, dass Menschen meine Arbeit als bayerischer Innenminister als positiv wahrnehmen. Aber wir haben weiterhin viel Arbeit vor uns. Und an Personalspekulationen beteilige ich mich nicht.

Sie bemängeln, dass die Bundesregierung bei der beschleunigten Rückführung abgelehnter Asylbewerber nicht genug aufs Tempo drückt.

Herrmann: Oft ist das Problem, dass viele den Ablehnungsbescheid haben, aber keine Ausweispapiere. Die Bundesregierung will ein größeres Zentrum in Potsdam schaffen, das sich im Kontakt mit Botschaften aus aller Welt schneller darum kümmert, Identitäten von Asylbewerbern zu klären und Pass-Ersatzpapiere zu beschaffen. Das ist bei vielen, die unser Land verlassen müssen, der eigentliche Hinderungsgrund, weshalb wir sie nicht abschieben können. Es gibt im Einzelfall humanitäre Gründe, jemanden nicht abzuschieben – wie eine Schwangere im siebten Monat – aber der Regelfall muss sein: Wenn jemand abgelehnt ist von den Bundesbehörden, muss er unser Land auch verlassen.

Was ist die Lehre aus dem Attentat von Würzburg?

Herrmann: Es war im vergangenen Jahr bei all den schlimmen Ereignissen – nach dem Vorfall in Würzburg, dem Amoklauf in München und dem Anschlag in Ansbach – unsere Linie: Was man weiß, muss man nach außen auch glaubwürdig darstellen, damit die Bürger spüren, da wird nichts verheimlicht. Wenn man etwas nicht abschließend beurteilen kann, muss man das auch klar benennen. Ich glaube, dies trägt wesentlich dazu bei, dass die Bürger Vertrauen haben in den Staat, die Polizei und die Medien.

Fühlen Sie sich in Ihrem Bemühen gestärkt, die Arbeit von Polizei weiter zu fördern, statt sie abzubauen, personell und finanziell?

Herrmann: Ganz klar ja. Wir sehen die Herausforderung, deshalb brauchen wir mehr Polizei. Wir haben in Bayern seit 2009 mehr als 2600 neue Stellen geschaffen. Wir haben jetzt entschieden, dass von 2017 bis 2020 noch 2000 Stellen dazukommen. Daneben investieren wir weiterhin in die gute Ausstattung der Polizei, sei es in moderne Fahrzeuge, neue ballistische Schutzwesten oder neue Dienstwaffen.

Sie gehen mit einem harten Kurs in den Wahlkampf: Elektronische Fußfessel für islamistische Gefährder, bundesweite Überwachung von Whatsapp, klarere Grenzkontrollen – klare Ansagen, um dem Gefühl der Verunsicherung entgegenzuwirken.

Herrmann: Das sind nicht irgendwelche Dinge, nur um die Öffentlichkeit zu beschäftigen. Fachleute haben vorgeschlagen, was sie für wichtig und richtig halten, damit die Polizei ihre Arbeit richtig machen kann. Ich kann keinen Terroristen fangen. Aber ich muss die Rahmenbedingungen so setzen, dass unsere Polizisten ihren Job bestmöglich erledigen können. Dafür muss man in der Öffentlichkeit auch werben.

Sie attackieren stark den Mitbewerber SPD. Ist der rechte Rand, die AfD ein schwindendes Problem?

Herrmann: Das weiß ich noch nicht. Die AfD ist in ihrem ganzen Bestreben völlig abwegig. Ich sehe gar keinen Sinn darin, mich darüber noch auszulassen. Sie versucht, Leuten Angst zu machen, ohne ein Rezept zu haben, wie es besser werden könnte. Sie versucht, den Staat schlecht zu reden. Natürlich ist auch mir wichtig, die Herausforderungen der Inneren Sicherheit zu benennen. Aber man muss auch betonen, wie gut es uns allen geht, wirtschaftlich und sozial. Das hat diese Demokratie so erreicht – auch im politischen Wettbewerb der demokratischen Parteien.

Manche nennen das verächtlich „Das System“.

Herrmann: Es ist vielsagend, dass ausgerechnet in dem Zusammenhang manche Leute das als „das System“ bezeichnen, – wie die Nazis in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Das ist für mich völlig unerträglich. Ich streite mich gerne mit Sozis, Grünen, mit anderen über politische Ziele. Aber unsere Demokratie schlechtzureden, halte ich für völlig falsch und unerträglich.

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