Immer weniger Menschen wollen früh aufstehen, um an Fronleichnam Blumenteppiche zu legen Immer weniger wollen Blumenteppiche legen

Von Sarah Bernhard
Tanja Kießling (Mitte) käme gar nicht auf die Idee, mit dem Blumenteppichlegen vor der Marienkirche aufzuhören. Doch es wird immer schwieriger, Helfer zu finden. Edith Schwindl (links) und Marianne Schrüfer halten ihr die Treue und helfen dabei, die Blüten auseinander zu zupfen. Foto: Ralf Münch Foto: red

Mitten in der Nacht aufgestanden, stundenlang auf den Knien herumgekrabbelt - und im Zweifel wird das Ergebnis vom Regen weggespült: Immer weniger Menschen haben Lust, an Fronleichnam die traditionellen Blumenteppiche zu legen. Doch einige Motivierte stemmen sich gegen den Trend. Und weichen für nichts in der Welt davon ab.

 
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Sogar als Tanja Kießling vor zwei Jahren schwanger war, kniete sie morgens um fünf vor der Marienkirche und legte den Blumenteppich. „Das muss so sein“, sagt die 44-Jährige. „Mir liegt sehr viel daran.“ Vor zehn Jahren haben ihr die Franziskanerschwestern, die sich zuvor um den Teppich an der Pegnitzer Marienkirche gekümmert hatten, diese Aufgabe übergeben. „Und ich werde sie weiterführen. Wenn gewünscht so lange wie meine Vorgängerin.“ Das wären noch rund 30 Jahre.

Doch einen schönen Teppich zu legen, wird immer schwieriger. Weil immer weniger Menschen bereit sind, zu helfen. „Früher, als die Schwestern noch in Pegnitz waren, waren wir drei Leger und sehr viele alte Damen, die Blumen gebracht und gezupft haben“, sagt Kießling. Heute legen sie zu zweit, die meisten alten Damen können nicht mehr. „Die helfenden Hände werden weniger.“

"Niemand will sich mehr binden"

Und das ist nicht nur in Pegnitz der Fall. Auch in Speichersdorf hat Pfarrer Sven Grillmeier Schwierigkeiten, Ersatz zu finden, wenn eine der traditionellen Legegruppen aufhören kann. „Als vergangenes Jahr eine Familie aufhören wollte, ist die Jugendfeuerwehr eingesprungen“, sagt Grillmeier. Heuer wollte sie nicht schon wieder. „Niemand will sich mehr binden.“

„Früher sind bei uns schöne Teppiche gestaltet worden, aber das wird schon seit einigen Jahren nicht mehr gemacht“, sagt auch Hollfelds Pfarrer Bernhard Simon. Nur noch die Altäre würden geschmückt. In Weidenberg gibt es nur noch einen einzigen Teppich. Und auch in Pottenstein war vor drei Jahren die Not groß: Der Verein, der bis dahin den Teppich am Elisabethenbrunnen gestaltet hatte, wollte nicht mehr.

17-Jährige rettet die Tradition

Also beschloss Katrin Fuchs, den Teppich zu retten. „Wäre doch schade, wenn er wegfällt, gerade an dieser Stelle“, sagt sie. Es ist der letzte Altar vor der Kirche. Also meldete sie sich freiwillig. „Und wenn man’s einmal macht, macht man’s immer.“ Katrin Fuchs ist 17 Jahre alt. „Ich bin mit der Kirche aufgewachsen, ich kenne es nicht anders“, sagt sie. Und: „Solange es geht, mache ich weiter.“

Für den Teil ihrer Freunde, die ebenfalls kirchlich engagiert seien, sei es ganz normal, dass sie kurz vor dem Feiertag im Internet nach Motiven suche und morgens ab halb sechs draußen sei. „Und von den anderen sagt auch keiner, dass das komisch ist. Die finden das ganz gut.“

Blumen werden heuer knapp

In diesem Jahr legen Katrin Fuchs, ihre Mutter und ihr Nachbar die Burg Pottenstein und ein Elisabethenmotiv. Große Teile davon mit Dekosand und Kleister, weil heuer viele der Blumen, mit denen normalerweise Blumenteppiche gelegt werden, noch gar nicht blühen.

Auch Tanja Kießling in Pegnitz bereitet das Sorgen. Aber nur ein bisschen. „Ich habe Gottvertrauen, das wird schon.“ Denn noch immer habe es Menschen gegeben, die einfach spontan Blumen vorbeigebracht hätten. „Teilweise sogar Leute, die gar nicht so viel mit der Kirche zu tun haben. Das finde ich wirklich schön.“

 

Das feiert man an Fronleichnam

„Fronleichnam“ leitet sich vom mitteldeutschen Wort für „Leib des Herrn“ ab. Katholiken feiern an diesem Tag, dass Christus in Hostie und Wein tatsächlich präsent ist. „Wir tragen Jesus Christus durch die Straßen unserer Gemeinden, um zu zeigen, wir stehen zu ihm“, sagt der Speichersdorfer Pfarrer Sven Grillmeier.

Zwar werde das Fest weltweit gefeiert, aber überall anders. Die Diözese Regensburg etwa habe ein ganzes Buch zur Frage herausgegeben, wie Fronleichnam zu feiern ist. „Eine Prozession zu vier Altären kennt man nur in Südtirol und Süddeutschland“, sagt Grillmeier. Sie leite sich von Bittprozessionen ab, bei denen an vier Standorten die vier Anfänge der Evangelien verlesen wurden. „Von ihnen sollte besonders viel Segenswirkung für die Früchte der Erde ausgehen.“ Der Papst hingegen ziehe an Fronleichnam nur von der Lateranbasilika in die Basilika Santa Maria Maggiore.

 

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