Immer mehr Polizisten werden angegriffen

Jürgen Umlauft 
und Peter Rauscher
Archivfoto: Karl Heinz Lammel Foto: red

Polizisten leben gefährlich. Rechnerisch wurde 2015 fast jeder zweite Beamte verbal oder körperlich angegriffen. Die Zahl der gewalttätigen Übergriffe auf Polizisten ist 2015 in Bayern leicht gestiegen und hat mit 6919 Fällen einen Höchststand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2010 erreicht. Auch in Oberfranken bleiben die Zahlen hoch

 
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Im Bezirk wurden im vergangenen Jahr 529 Fälle gezählt. Das sind 58 Fälle weniger als im Vorjahr aber immer noch deutlich mehr als 2010 (379) oder 2011 (488), teilte Polizeisprecher Jürgen Stadter auf Anfrage mit.

Bayernweit waren knapp 15.000 Beamte waren davon betroffen, gut 2000 trugen dabei Verletzungen davon. „Statistisch gesehen ist auch 2015 wieder mindestens jeder dritte bayerische Polizist beleidigt, bespuckt, bedroht, geschlagen oder getreten worden“, sagte Innenminister Joachim Herrmann im Landtag. Die Gewalt gegen Polizisten bewege sich damit „leider seit Jahren auf hohem Niveau“. Auch die Zahl der Straftaten gegen Feuerwehr- und Rettungskräfte im Einsatz erhöhte sich leicht von 264 auf 274. In Oberfranken wurden 29 Straftaten gegen Rettungsdienstler gezählt, einer mehr als im Jahr davor. Darunter war der Messerangriff eines psychisch kranken 26-Jährigen in Bayreuth auf eine Notärztin und drei Rettungssanitäter, bei dem die vier Helfer schwer verletzt worden waren. Der Mann ist inzwischen in die Psychiatrie eingewiesen worden.

Acht versuchte Tötungsdelikte

Nach der von Herrmann vorgelegten Statistik stieg die Zahl der Körperverletzungen an Polizisten um gut zwölf Prozent auf 2430 Fälle, zudem gab es acht versuchte Tötungsdelikte, zwei davon Oberfranken. So versuchte bei einer Verkehrskontrolle in Kronach ein alkoholisierter Radfahrer mit aller Gewalt, einem Polizisten die Dienstwaffe zu entreißen, und drohte, die beteiligten Beamten „abzuknallen“. In Bayreuth schlug ein Mann am Ostermontag mit einem mit Schrauben bestückten Schlagstock ebenso unvermittelt wie massiv auf mehrere Polizisten ein und verletzte sie. Der psychisch kranke Mann wurde in der Psychiatrie untergebracht.

Wie Herrmann weiter mitteilte, gab es 2015 etwas weniger Widerstandshandlungen gegen Polizeibeamte (1332). Mit 2770 Fällen nahezu unverändert blieb die Zahl der Beleidigungen. Gewalt gegen Polizisten kommt vorwiegend in den Nachtstunden und vor allem am Wochenende vor. 86 Prozent der Tatverdächtigen waren Männer, zwei Drittel standen unter Alkohol- oder Drogeneinfluss. Drei Viertel der Tatverdächtigen waren polizeibekannt. Herrmann schloss daraus, dass es „in der breiten Bevölkerung keine generell zunehmende Gewaltbereitschaft gegen die Polizei“ gebe.

Gefährliches Pflaster 
in Hof

Bezogen auf die Gesamtbevölkerung lag Oberfranken bei der Gewalt gegen Polizisten 2015 mit 50 Fällen je 100 000 Einwohner unter dem bayerischen Durchschnitt von 55. Spitzenreiter war Schwaben mit 69 Fällen. Allerdings gehörten mit Hof, Bamberg, Coburg und Forchheim vier oberfränkische Städte zu jenen in Bayern, in denen Polizisten überdurchschnittlich oft Opfer einer Gewalttat werden. So lag die Häufigkeitszahl – also die Zahl der Fälle bezogen auf 100 000 Einwohner – in Hof bei 158, in Bamberg bei 129 und in Coburg bei 117.

Neben einer stärkeren Vermittlung von Strategien zur gewaltfreien Konfliktlösung schon in den Familien und an den Schulen sowie der besseren Ausbildung und Ausrüstung der Polizei forderte Herrmann als eine Erhöhung des Strafrahmens bei Gewalt gegen Polizisten. Er plädierte für die Einführung einer Mindeststrafe von drei Monaten und die Anhebung der Höchststrafe auf fünf Jahre. Peter Paul Gantzer (SPD), sagte, es reiche aus, wenn die Justiz den vorhandenen Spielraum ausschöpfe. Es sei nicht zufriedenstellend, wenn derzeit ein Drittel der einschlägigen Verfahren eingestellt würden. „Hier muss der Rechtsstaat seine Zähne zeigen“, betonte Gantzer. Wegen der Häufung der Fälle unter Alkoholeinfluss in den Nachtstunden forderte Gantzer, die Sperrzeiten für die Gastronomie bayernweit wieder zu verlängern. Herrmann und die CSU lehnten dies ab.

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