Im Autowrack eingeklemmt Wolfgang Drübbisch hatte im März einen schweren Verkehrsunfall

Von Steven Mularczyk
 Foto: red

Im Landkreis Bayreuth gab es im vergangenen Jahr 2321 Verkehrsunfälle – 366 davon endeten mit Verletzten oder Toten. Wolfgang Drübbisch gibt der Statistik ein Gesicht.

 
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Beugen, Strecken, Halten, Beugen, Strecken. Wolfgang Drübbisch (58) liegt auf einem gepolsterten Behandlungstisch im Reha-Zentrum Roter Hügel. Mandy Mehlhorn hält Drübbischs linkes Bein. „Geht es noch, Herr Drübbisch?“ Schmerzen sieht man ihm nicht an. Regungslos lässt Drübbisch die Übungen über sich ergehen.

Anfang März hatte der Mehlmeiseler einen schweren Verkehrsunfall. Mit seinem Mazda prallte er frontal mit einem entgegenkommenden Wagen zusammen.

"Es ging alles so schnell"

Drübbisch arbeitet für einen ambulanten Pflegedienst. Er war auf dem Weg zur Nachtschicht, als er Anfang März von Bayreuth aus in Richtung Eckersdorf fuhr. Um viertel vor sechs kam ihm auf gerader Strecke ein Wagen entgegen. Plötzlich geriet das Auto auf seine Fahrspur – Drübbisch hatte keine Möglichkeit auszuweichen. „Es ging alles so schnell. Ich habe den Unfall kommen sehen, konnte aber nicht mehr reagieren“, sagt Drübbisch. An den Zusammenstoß kann er sich nicht mehr erinnern. Etwa sechs Verkehrsunfälle ereignen sich im Landkreis Bayreuth pro Tag. Jeder sechste davon endet mit Verletzten oder mit Todesopfern.

Kurz nach dem Unfall hörte Drübbisch die Stimme des Notarztes. Er saß noch eingeklemmt in seinem Auto. Die Feuerwehr musste ihn aus seinem völlig zerstörten Mazda herausschneiden. Später hat Drübbisch Fotos von dem Wagen gesehen: „Ich habe keine Ahnung, wie ich da noch lebend herausgekommen bin.“

Familie entschuldigt sich

Der Fahrer des anderen Wagens überlebte den schweren Unfall nicht. Er hatte am Steuer einen Herzinfarkt erlitten. Deswegen hatte er die Kontrolle über seinen Wagen verloren. „Seine Familie hat mich angerufen und wollte sich bei mir entschuldigen – aber da kann ja keiner was dafür“, sagt Drübbisch.

Frank Zeißler ist Rettungssanitäter. Für ihn ist es nicht ungewöhnlich, dass Menschen auch derart schwere Unfälle überleben. „Es ist schon vorgekommen“, sagt der Pressesprecher des Roten Kreuzes, „dass Leute mit 160 Stundenkilometer in die Leitplanke gefahren sind und überlebt haben.“ Die Verletzungen bei sehr schweren Verkehrsunfällen seien heutzutage zwar nicht weniger schwer als noch vor 20 Jahren. Aber vielen Verletzungen könne mittlerweile trotzdem vorgebeugt werden. Airbag, Seitenaufprallschutz und vor allem die Anschnallpflicht retten Leben. „Wir haben mittlerweile eine sehr hohe Anschnalltendenz, dadurch können oft die schwersten Verletzungen von vornherein verhindert werden. Es kommt durch den Gurt aber dennoch oft zu Rippenprellungen“, sagt Zeißler. Genauso typisch seien Schleudertraumata. Zeißler: „Das ist dann der klassische Auffahrunfall, nach dem man eine Halskrause braucht.“

Sechs bis acht Wochen Bettruhe

Drübbisch ist nun schon seit fast zwei Wochen Patient im Reha-Zentrum. Dort wird sein gebrochenes Becken behandelt. Zunächst musste er nach dem Unfall für etwa zwei Wochen im Klinikum bleiben. Operiert wurde er nicht: „Das wächst auch so wieder zusammen. Man muss eben erst einmal sechs bis acht Wochen Bettruhe halten.“ Im Reha-Zentrum erhält er nun hauptsächlich Bewegungstherapien, damit sein linkes Bein nicht an Kraft verliert. Mit 20 Kilo darf er es derzeit belasten – das gebrochene Becken muss geschont werden. Physiotherapie, Bewegungstherapie im Schwimmbad, Massage – „ich habe hier viele Anwendungen, bin den ganzen Tag unterwegs. Und wenn ich Zeit dazu habe, setze ich mich auch mal in die Sonne“, sagt Drübbisch.

In etwa einem halben Jahr, schätzt er, wird er sein Bein wieder voll belasten können. Angst vor dem Straßenverkehr hat der Familienvater nach dem schweren Unfall nicht. Er blickt nach vorne: Im Sommer will er sein Motorrad reparieren und das Ende der Motorradsaison genießen. „Dann will ich gemütlich rumfahren“, Drübbisch lächelt, „das bedeutet für mich ein Stück Freiheit.“

Foto: Wittek

 

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