Holzernte Wenn der Wald sich nicht selbst helfen kann

Die Forstwirtschaft hat zunehmend mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen. Mit Harvestern versucht das Amt für Landwirtschaft und Forsten Kulmbach mitzuhalten, doch auch das hat durchaus seine Tücken.

 
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Nicht selten treffen Wanderer im Wald auf stählerne Ungetüme, die mit lärmenden Motoren die Ruhe im Wald stören. Bäume, die zum Wachsen 100 Jahre oder mehr gebraucht haben, werden von einem Harvester in wenigen Minuten zu Fall gebracht. Was hat sich in der Waldbewirtschaftung geändert? Läuft die Forstwirtschaft in die falsche Richtung? Schließlich ist der Wald für uns alle der Inbegriff von Natur schlechthin.

Eines muss gleich vorausgeschickt werden, meint Bernhard Kühnel, Förster am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Coburg-Kulmbach: „Bewirtschaftung von Wald ist notwendig, um Wald zu pflegen und zu erhalten. Romantisierende Verklärungen, dass der Wald in Ruhe gelassen werden sollte und sich schon selbst hilft, treffen nicht zu.“ Doch selbst beim Arbeiten mit Holz kommt der Waldbesitzer nicht an der Wirtschaftlichkeit vorbei.

Die Anforderungen der Märkte, Lieferverträge, Preisdruck und Arbeitskapazitäten würden der Forstwirtschaft enge Grenzen setzen, erklärt das Amt. Die Holzernte musste mit Hilfe modernster Technik revolutioniert werden: Harvester hielten Einzug in die Forstwirtschaft.

Harvester optimieren die Holzernte

Diese Holzerntemaschinen könne man sich als riesige computeroptimierte Motorsägen vorstellen, die die Bäume „ernten“. In einem Aufarbeitungsschritt entstehen aus astigen Bäumen verkaufsfertige Stammstücke. Gerade die akute Borkenkäferproblematik verlange, dass befallene Bäume schnell aus dem Wald gebracht werden. Bernhard Kühnel: „In dem Ausmaß, wie wir es insbesondere im Frankenwald erleben, sind Harvester dafür fast schon zwingend erforderlich.“ Rückemaschinen laden sich riesige Stammbündel dann auf den Buckel und karren sie aus dem Wald. An den Forstwegen stapeln sich gewaltige Holzpolter, die bei der Industrie heiß begehrt sind. Noch ein weiterer Fakt lege der Forstwirtschaft immer engere Fesseln an: Der Klimawandel mit Dürreperioden und Hitzerekorden bringe den Wald mächtig „ins Schwitzen“. Durch die allgemeine Erwärmung werden die Winter milder und nässer, die für den Transport der Stämme nötigen Frostlagen immer kürzer und schwächer. Bernhard Kühnel: „Noch Ende der 1980-iger Jahre konnte sich der Förster auf sichere Frostperioden verlassen, in denen er problemlos Holz auf beinhart gefrorenem Boden aus dem Wald bringen konnte.“ Heute gäbe es diese sicheren Frostperioden nicht mehr. Bestenfalls ist der Boden trocken. Ist er zu aufgeweicht, kann das Holz nicht aus dem Wald transportiert werden. Leider sei es inzwischen eher zur Regel geworden, dass im Winter eingeschlagene Hölzer nicht gerückt werden können, weil es einfach zu nass ist.

Waldbesitzer in der Zwickmühle

Waldbesitzer stünden damit vor einem Dilemma: Entweder sie akzeptieren Rückeschäden am zu nassen Waldboden oder sie sind bereit, erhebliche Wertverluste am Holz hinzunehmen, wenn es zu lange im Bestand liegen bleiben muss. Beides täte weh, denn Schäden am Waldboden sind nahezu irreparabel, Bodenleben und -gefüge sind nachhaltig geschädigt. Werteinbußen und Preisverluste beim Holz schmerzten besonders, nachdem diese Bäume über Jahrzehnte gepflegt wurden.

Das Holz könne dann möglicherweise erst im folgenden Frühjahr gerückt werden, wenn die nächste Trockenperiode ansteht. Dann lasse es sich allerdings nur noch als minderwertige Ware verkaufen. Den Schaden hat der Waldbesitzer. Bernhard Kühnel: „Holz ist eine ‚schnell verderbliche Ware‘. Viele Baumarten müssen, wenn sie einmal gefällt sind, möglichst schnell gerückt und aus dem Wald ins Sägewerk gefahren werden, bevor die Temperaturen steigen. Sonst vermehren sich im Holz Pilze, die die frische Holzfarbe verändern oder es wird von Insekten befallen.“ Beides mindert den Holzwert erheblich. Dieses Problem habe es früher nicht gegeben.

Schonender für den Waldboden

Um auf weichen Böden Holz bewegen zu können, wurden Rückemaschinen mit geringen Bodendrücken entwickelt. Dadurch wird der Druck auf eine größere Fläche verteilt. Der Boden werde dadurch geringer belastet. Um dies zu erreichen, wurden die Reifen breiter und die Profile schonender. Statt vier haben Forstmaschinen heute oft acht Räder, die das Gewicht der Maschine verteilen. So verteile sich der Druck auf eine größere Fläche.

Bernhard Kühnel: „Förster haben heute keine andere Wahl, als große Spezialmaschinen einzusetzen, wenn sie schonend Holz aus dem Wald bringen wollen. Dazu zwingt sie der Klimawandel, der zu extremen Veränderungen forstlicher Arbeitsabläufe geführt hat.“ Die Auswirkungen des Klimawandels spüre die Forstwirtschaft schon seit mehr als 20 Jahren. Die Forstwirtschaft sei somit einer der von der Klimakrise am frühesten betroffenen Bereiche.

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