Dauerstress macht krank
Dauerstress wirkt sich auch drastisch auf das Innenohr aus: Die äußeren und inneren Haarzellen werden durch Mikrodurchblutungsstörungen, eine veränderte Fließeigenschaft des Blutes oder einen gestörten Zellstoffwechsel – alles Begleiterscheinungen von Stress – schnell geschädigt. „Das kann eine altersbedingte Schwerhörigkeit beschleunigen, zu akuten Hörstörungen wie einem Hörsturz oder einem Tinnitus führen“, so Uso Walter.
Auch Lärm kann Hörerkrankungen hervorrufen. Ob beim Konzert, in Clubs, im Umfeld von Flughäfen, am Arbeitsplatz oder auf der Straße: Abhängig von der Lautstärke und der Dauer können Musik, Geräusche und Lärm das Innenohr schädigen, zu irreparablen Hörschäden führen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft Lärm nach der Luftverschmutzung auf Platz zwei der krank machenden Umweltfaktoren ein. Anhand von über 200 000 Hörtests weltweit fand man heraus, dass die Geräuschkulisse in Städten negative Folgen fürs Hören hat.
Lärm verändert Zellprozesse
„Durch die langandauernde Stimulation der äußeren Haarzellen bei Lärm verändern sich verschiedene Prozesse in der Zelle. Unter anderem strömen Salze in die Zelle, und sogenannte Sauerstoffradikale vermehren sich“, erklärt Uso Walter: „Werden diese Prozesse nicht rechtzeitig gestoppt, kommt es zu einer allmählichen Zerstörung der Zellmembran und einem Zerfall der Erbinformationen“, so der Mediziner. Über kurz oder lang bedeutet das den Tod der Zellen und damit einen Hörverlust, der sich nicht rückgängig machen lässt.
Entspannung bei Waldrauschen oder Kühlschranksummen
Jeder kann selbst dafür sorgen, dass das faszinierende Sinnesorgan seine Funktion so lange wie möglich im vollen Umfang behält. Da das Gehör niemals schläft und unseren Körper bei bedrohlichen Geräuschen in Alarmbereitschaft versetzt, reagiert es auch auf harmlose Hintergrund- und Naturgeräusche. In der Natur aktiviert es allerdings unsere Entspannungssysteme. „Hören wir Waldrauschen, einen Springbrunnen oder das Summen des Kühlschranks, übernimmt der Parasympathikus das Zepter“, so Walter. Der Teil des vegetativen Nervensystems, der für Regeneration steht, gibt jetzt den Ton an: Wir entspannen. Und das sogar mehr als in einem völlig stillen Zimmer. „Denn harmlose Hintergrundgeräusche signalisieren dem Zwischenhirn: Alles ist gut, mir kann nichts passieren.“
Buch zum Thema
Publikation
Uso Walter, Lucia Schmidt: „Zu viel um die Ohren – Wie Stress das Hören verändert“. Ecowin Verlag. 279 Seiten, 22 Euro.