Hoch hinaus Keine Angst vor großen Höhen

Rosi Thiem
Jeremia (12), Elias (10) und Vater Timo Kraft (von links) kommen öfters von Regensburg nach Betzenstein. Für die Jungs ist es der schönste Kletterwald, den im Übrigen ihr Vater damals mit aufgebaut hat, ehe die Familie nach Regensburg zog.Geschäftsführer Christof Mahler, Bereichsleiterin Katharina Buchberger und eine Mitarbeiterin arbeiten stets unter dem Motto: „Sicherheit geht vor.“ Foto: Rosi Thiem

Der Betzensteiner Kletterwald im Freizeitpark gilt als einer der schönsten in Deutschland – Sicherheit geht über alles

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Betzenstein - Zwei flinke Füße und ein Seil. Der zehnjährige Elias Kraft wippt auf den mit Ketten verbundenen Brettern in luftiger Höhe furchtlos hin und her. Er dreht sich um, grinst und geht flink weiter. Vor ihm hat sich sein zwei Jahre älterer Bruder Jeremia gerade für eine andere Richtung entschieden. Sicher und überlegt klickt er sich mit dem Haken ins Sicherungsseil ein und balanciert auf einem dünnen – für den Betrachter wackeligen Pfad – zwischen zwei dicken Buchen weiter.

Die Brüder haben keine Höhenangst. Im Gegenteil. Sie fühlen sich pudelwohl in ihrer Höhe. Sie sind nicht zum ersten Mal hier. „Heute gehen wir aber das erste Mal mit dem Seil über das Freibad“, verrät Elias. Vater Timo Kraft schmunzelt. Er kennt hier jeden Baum und hat den Kletterwald damals mit aufgebaut. Momentan befinden sie sich auf „Heimaturlaub“, wohnen sie doch jetzt in Regensburg. „Wir waren schon in vielen Kletterwäldern, aber der Betzensteiner ist der Beste“, verraten die beiden Jungs, bevor sie sich in Richtung Freibad in luftigen Gefilden auf den Seilweg machen.

„Dann gehen wir noch Bogenschießen“, ruft der Zehnjährige voller Vorfreude, ehe er wie Bruder und Vater hinter dem Buchenlaub in der abwechslungsreichen „Höhenstraße“ verschwindet. Das großzügige Gelände mit dem attraktiven und fotogenen Höhleneingang „Klaus-kirche“ gliedert sich in Kletterwald, Eventbereich und naturnahem Aktionsgelände. Zwei lange Seilbahnen mit 150 Metern führen als Highlights über das Freibad.

Christof Mahler, Geschäftsführer der Abenteuerwerkstatt, hat die Kletterer vom Boden aus im Blick: „Von jedem Punkt im Park können wir wenn nötig die Leute auf den Boden zurückholen. Das haben unsere geschulten Leute drauf“, versichert Mahler. „Man entwickelt einen Blick für die Menschen. Wenn sie sich unsicher verhalten, fragen wir auch mal nach. Manche machen sich durch Winken bemerkbar“, erzählt er. Doch das sei die Ausnahme. Jeder Klettergast dürfe seine Route je nach Schwierigkeitsgrad selbst gestalten. Farbcodierungen von blau wie „leicht“ bis schwarz wie „schwer“ in acht verschiedenen Parcours mit über 100 Seilbrücken zeigen die Ansprüche der Wege. Mahler, der selbst Kletterer ist, war von Anfang an dabei. Auf dem insgesamt 1,3 Hektar großen Areal schufen sie 2006 einen naturbelassenen Freizeitpark ohne Versiegelung durch Wege, der inzwischen als Geheimtipp gilt. „Wir sehen den Menschen, nicht die Kunden. Wir gelten bei vielen als der schönste Kletterwald Deutschlands“, sagt Mahler stolz.

„Viel läuft über Mund-zu-Mund-Propaganda“, weiß Event- Bereichsleiterin Katharina Buchberger, die seit zwei Jahren dabei ist. „Das hören wir immer wieder aus den Rückmeldungen.“ Durch das breite Freizeitangebot könnten auch Menschen erreicht werden, die nichts mit dem Klettern am Hut hätten, aber in der Gruppe oder Familie teilhaben möchten.

Auch die Zusammenarbeit mit der Stadt Betzenstein sei sehr fruchtbar. Seit 2006 hat sich viel getan und der Park entwickelte sich weiter. „Wir waren der zweite Kletterwald in Bayern. Das Konzept kommt aus Frankreich und unterscheidet sich von den Hochseilgärten mit acht bis zehn Baumstämmen, die es in manchen Gegenden für Firmen zur Teamentwicklung gibt“, erklärt Christof Mahler. In Betzenstein finde man Breitensport und Freizeiteinrichtung, die es so vorher nicht gegeben habe. 18 Meter hoch sind die höchsten Kletterstellen. Und es sei noch kein einziger Baum eingegangen, was für die Technik spreche. „Wir haben Gewindestangen durchgesteckt und mit Ringmuttern verankert. Das ist sicher und schonend installiert. Unten blühen acht Sorten seltener Orchideen.“

Inzwischen hat sich der Park gefüllt. Überall wimmelt es von Kletterern in den unterschiedlichsten Kategorien. Eine Gruppe Rollstuhlfahrer versammelt sich beim Bogenschießen, eine Oma schiebt den Kinderwagen durchs Areal, an den Crossboulebahnen sammeln sich Jugendgruppen, eine Familie fragt nach dem Hammerwerfen. „Die Menschen möchten wieder raus und die Natur und Freiheit spüren. Die Leute müssen ihr Immunsystem stärken. Noch ein Lockdown geht nicht“, sind sich die beiden Verantwortlichen einig. Der verspätete Saisonstart habe auch sie hart getroffen.

Im Freizeitpark können Interessierte drei, vier oder fünf Stunden online buchen. Inzwischen fragen auch wieder Firmen an und Geburtstage, Workshops und Hochzeiten finden im Eventgelände mit dem selbst gebauten Geodome und am Lagerfeuer statt. „Jeder muss zu Beginn eine Einweisung mitmachen“, betont der Geschäftsführer. „Es wird gründlich erklärt und geübt.“ Drei Vollzeitstellen und 15 Aushilfen arbeiten im Park. Was passiert bei schlechtem Wetter? „Die Sicherheit unserer Kunden geht über alles. Bei einem aufziehenden Gewitter werden Parcours gesperrt und die Kletterer in den Hochlagen müssen so schnell wie möglich auf den Boden“, erklärt Katharina Buchberger. Sollte eine bereits gebuchte Zeit ins „Wasser“ fallen, gibt es einen Gutschein.

Mehrere anspruchsvolle Elemente

Schon wieder bewegen sich einige Sportler im Tarzanparcours und ihre Freude hört man bis nach unten. „Wir haben einige anspruchsvolle Elemente“, sagt Buchberger. „Da muss man nach kreativen Lösungen suchen und ich muss mir überlegen, wie komme ich da rüber.“ Ist das nicht manchmal auch gefährlich und gibt es keine Verletzungen? „Wir haben das recht gut im Blick und vermitteln am Anfang auch die Ernsthaftigkeit“ versichert Mahler. Nach der Einweisung mit der doppelten, korrespondierenden Selbstsicherung werde an die Eigenverantwortlichkeit appelliert. „Man muss die Gefahr in der Höhe bewusst machen. Das klappt sehr gut. Es kommt schon einmal vor, dass sich jemand mit dem Knie anstößt, aber das passiert auch bei jeder Wanderung auf dem Boden. Wenn man die Regeln befolgt, dann ist das hier eine sichere Angelegenheit“, bemerkt Mahler. „Das Gefährlichste ist die Autofahrt auf dem Weg hierher auf der Straße.“

Bilder