Historischer Wintersport wird lebendig

Von Andreas Gewinner
Der Schlitten, der den Bombenkrieg überlebte: Walter Steinlein – im Bild mit Tochter Susanne – rettete ihn aus den Trümmern seines Elternhauses. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Als Walter Steinlein 17 Jahre alt war, im April 1945, ging seine Heimatstadt unter. Auch sein Elternhaus am Luitpoldplatz fiel den alliierten Bombenangriffen zum Opfer. Zu dem Wenigen, was er aus den Trümmern retten konnte, gehörte ein hölzerner Schlitten. Der Schlitten, der den Bombenkrieg mit geringen Blessuren überlebt hatte, leistete nach dem Krieg noch gute Dienste. Und sorgte manchmal auch für Streit. Nun ist er in der aktuellen Ausstellung „Historischer Wintersport“ in der Museumsscheune in Grassemann zu sehen.

 
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Der Wintersportler: Nach dem Krieg erlebte Steinlein die Zeit der Winterzüge mit, die sonntags Massen an Wintersportlern aus Nürnberg, aber auch Bayreuth nach Warmensteinach brachten. Vom dortigen Bahnhof ging es zu Fuß nach Fleckl und weiter nach Neubau, wo zu Mittag gegessen wurde, Schweinebraten und zwei Klöße zu 1,50 Mark. Und dann wurde den ganzen Nachmittag Ski gefahren. „Wir sind mehr rumgerutscht, Ski fahren konnte man das nicht nennen“, blickt Steinlein heute zurück. Seine Skier hatte ein Wagner aus Weidenberg gemacht, die Stöcke waren Haselnussstecken.

Der Schlitten, den der jugendliche Walter Steinlein aus den Trümmern seines Elternhauses gerettet hatte, blieb nicht der einzige in seiner Familie. Aber der beliebteste. Tochter Susanne Steinlein stritt sich häufig mit ihren beiden Brüdern, wer ihn fahren durfte: „Er war der schnellste, den wir hatten, wir haben ihn ,Donnerpfeil‘ genannt.“ Heute betreut sie für die Gemeinde Bischofsgrün den Bestand des künftigen Ski- und Wintersportmuseums, aus dem die meisten Ausstellungsstücke in Grassemann stammen.

Der Skimacher: Der Arzberger Hans-Günter Tröger (73) hat in einer Skifabrik gelernt. In Arzberg. Die Wagnerei seines Vaters Hans hatte bereits in den 30er Jahren Skier produziert. Rund 200 Paar pro Jahr wurden hergestellt, die bis nach München geliefert wurden. Dank Schablonen und Mechanisierung waren diese hohen Stückzahlen möglich, doch es blieb noch genug Handarbeit. Zum Beispiel, die Schrauben für die Stahlkanten reindrehen. „300 Schrauben pro Paar, Akkuschrauber gab es noch nicht. Ich hatte Hornhaut auf den Handballen“, blickt Tröger zurück. 1962 endete die Skiproduktion bei „KTA“ (Karl Tröger Arzberg), denn Leimholz- und schließlich Kunststoffskier großer Hersteller liefen denen der Kleinhersteller den Rang ab. Die Firma gibt es heute noch: Tröger Karosserie- und Fahrzeugbau macht heute noch, wofür sie vor über 100 Jahren gegründet wurde: Fahrzeug-, Karrosserie- und Anhängerbau.

Der Visionär: Breiten Raum in der Ausstellung nimmt Skipapst Martin Puchtler aus Bischofsgrün ein. Außer seinen legendären Kurzskiern sind sein Buch und ein mehrseitiger Bericht im Magazin „Stern“ zu sehen – nach Art des Hauses mit Foto von Skihasen, im Bikini auf den Kurzskiern stehend. Fritz Frosch aus Bischofsgrün ist heute noch überzeugt: „Seine Methode ist immer noch die sicherste und schnellste Art, Ski fahren zu lernen.“ Puchtler war ein Tüftler und Visionär, experimentierte mit Monoskiern und einem taillierten Ski. Die Umsetzung und das Geldmachen erledigten andere – mit dem Snowboard und dem Carvingski.

Die Zukunft: Früher war mehr Schnee. Ist der Wintersport im Fichtelgebirge bald Geschichte? „Aktuell ist der Winter bei uns immer noch überdurchschnittlich wichtig und soll es auch bleiben“, sagt Tourismusmanager Andreas Munder, „aber wir arbeiten an einem Infrastrukturprogramm gemeinsam mit der Uni, um langfristig die Ganzjahresbedingungen zu verbessern und schneearmen Wintern begegnen zu können. Und vieles gibt es ja schon: Rollerbahn, Alpine Coaster, Wildpark.“

Info: Die Ausstellung ist noch bis einschließlich Oktober mittwochs bis sonntags, 11 bis 16 Uhr zu sehen.

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