"Dachte, KZ sei zur Umerziehung"
Als Konzentrationslager für unliebsame Zeitgenossen gegründet wurden, bekam Pomsel das mit, aber: «Man wollte sie ja auch nicht gleich ins Gefängnis tun, die kamen in ein KZ zur Umerziehung, keiner hat sich Gedanken darüber gemacht.» Offene Kritik? «Das war nicht möglich, oder man musste sein Leben dafür einsetzen.» So wie die Mitglieder der «Weißen Rose». «Es war jedoch dumm von ihnen, dass sie solche Dinge taten.
Wenn sie den Mund gehalten hätten, dann lebten sie heute noch», ist sich Pomsel sicher und bedauert das grausame Urteil gegen die Studenten, die Flugblätter gegen das Naziregime verteilt hatten und deshalb hingerichtet wurden, «wegen eines scheiß Papiers».
1943: "Alle waren behext"
Dass die Nazis furchterregend waren, musste aber auch der Sekretärin gedämmert haben, spätestens als sie Goebbels 1943 in Berlin bei der Rede im Sportpalast erlebte, wo er die Masse aufpeitschte mit der Frage «Wollt ihr den totalen Krieg?». Ein Saal voller rasender, hysterischer Menschen, die nach Einschätzung Pomsels «behext» waren von diesem «tobenden Zwerg». «Es war ein Naturereignis, die ganze Menge konnte nichts dafür und er selber wahrscheinlich auch nicht.»
Da ist wieder das Gefühl, unschuldig verführt worden zu sein. Als sie nach den Nürnberger Prozessen fünf Jahre lang in russische Gefangenschaft kam, empfand sie dies als zutiefst ungerecht, «weil ich ja nichts getan hatte, als bei Herrn Goebbels getippt und was dahinter steckte, wusste ich ja alles gar nicht, jedenfalls nur wenig». Schuldig sei sie nur, wenn man dem ganzen deutschen Volk vorwerfe, Hitler zur Macht verholfen zu haben. «Das sind wir alle gewiss gewesen, auch ich.»
"Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen"
Wie lebte es sich mit den Erinnerungen und mit dem Wissen, welche Gräuel Goebbels, Hitler, Göring und Konsorten angerichtet haben? «Wenn man durch so eine Zeit gegangen ist, (...) und letzten Endes doch nur an sich gedacht hat, da habe ich manchmal ein schlechtes Gewissen.» Die Erinnerungen seien täglich präsent gewesen, «so wie jeden Morgen die Sonne aufgeht», beschrieb sie im vergangenen Sommer. «Das hat sich natürlich in mein Leben eingefressen, was alles an Schrecklichem passiert ist.»
dpa