„Ich gehe wirklich gerne in die Schule“
Für Ablenkung sorgt auch der Deutschkurs. Von Montag bis Freitag müssen die Jungs die Schulbank drücken. Auch in den Ferien und an Feiertagen. Von acht bis halb eins. Sie laufen jeden Tag über eine halbe Stunde in die Schule. Einrichtungsleiterin Nordhaus ist deswegen auf der Suche nach Fahrrädern für sie.
„Ich gehe wirklich gerne in die Schule“, sagt Deq Mohamed Hassan (17). Das sagt er x-bay auf Englisch, dazwischen mit einigen deutschen Worten. „Ich lerne Nachmittag eineinhalb Stunden und abends vor dem Schlafen zwei Stunden.“ Er hat sein Ziel fest vor Augen: ein Ausbildungsplatz im Telekommunikationsbereich. In seinem Einzelzimmer zeigt Deq seine Schulbücher. Gewissenhaft versucht er jede Aufgabe zu lösen. Auch Zimmernachbar Hamza Ahmed Mohamed (16), versucht jeden Tag seinen Wortschatz zu erweitern. „Ich gehe sehr viel in die Stadt und versuche mit Leuten zu sprechen“, sagt er. Das sei allerdings gar nicht so einfach. Denn: „Die Menschen in Deutschland sind sehr nett, aber auch sehr ruhig. Sie reden nicht viel.“ In Somalia sei es viel einfacher, eine Konversationen zu beginnen. „Über Gespräche lernt man eine neue Sprache am besten“, sagt Hamza.
Ein anderer Trick von ihm ist, Kindersendungen anzusehen. Die schaut er neben den Nachrichten gerne. „In den Sendungen sprechen die Figuren sehr langsam, das macht es mir einfacher, alle Worte zu verstehen“, sagt er. Das tägliche Üben ist ihm sehr wichtig. „Ich habe in Deutschland nur eine Chance, wenn ich die Sprache beherrsche.“ Während des Gesprächs betet sein Zimmerkollege Abdi Fatah Abduhahi (16) auf einem kleinen Teppich.
Aus dem Erdgeschoss dringt ein Essensduft in die Zimmer der Jungs. Deq und Farid Ahmad Akbary (17) kümmern sich um das Mittagessen. Reis mit Karotten und Gemüse gibt es. „Das klappt absolut ohne Probleme. Sie organisieren den kompletten Haushalt alleine“, sagt Einrichtungsleiterin Nordhaus. 42 Euro haben die Jungs für ihren Wocheneinkauf. Jeder bekommt noch circa 40 Euro Taschengeld im Monat. „Sie gehen sehr rücksichtsvoll miteinander um“, sagt Nordhaus. Als einer der Jungs einen Leistenbruch operieren lassen musste, haben sich die anderen um ihn gekümmert.
Ein anderer hatte eine Magenerkrankung und durfte bestimmte Lebensmittel nicht zu sich nehmen, die wurden dann beim Kochen einfach weggelassen oder es wurde ein anderes Gericht gekocht. Vor kurzem sollte noch ein Flüchtling bei den Neubayreuthern einziehen. „Die Jungs kannten ihn schon und wollten nicht, dass er einzieht. Sie haben Angst, dass er ihre Gemeinschaft kaputtmacht. Die ist ihnen am wichtigsten“, sagt Nordhaus.