Neue Therapie Nach einem Schlaganfall gesund nach Hause

Minuten und vor allem die richtige Behandlung entscheiden darüber, wie gravierend für einen Schlaganfallpatienten die Folgen sind. Am Klinikum Kulmbach wird nun für diese Patienten eine neue Möglichkeit der Therapie aufgebaut. Foto: picture alliance / dpa/Angelika Warmuth

Thrombektomie, so heißt das Verfahren, das Schlaganfallpatienten Hoffnung macht. Nun gibt es auch am Klinikum Kulmbach bald diese Behandlungsmöglichkeit.

 
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Kulmbach - Von einer „bahnbrechenden neuen Methode, die schwere Behinderungen nach einem Schlaganfall vermeiden kann“, haben die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG), die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR) gesprochen, als sie über die mechanische Entfernung von Blutgerinnseln im Gehirn mit einem Katheter berichtet haben. Die Thrombektomie, so heißt das Verfahren, das Schlaganfallpatienten Hoffnung macht, setzt sich in Deutschland durch. Nun gibt es auch am Klinikum Kulmbach bald diese Behandlungsmöglichkeit. Das Klinikum hat sich dafür mit Univ.Doz. Dr. Michael Schocke einen hochkarätigen Mediziner vom Ulmer Uni-Klinikum geholt. Er wird schon im Frühjahr noch durch einen weiteren Facharzt für diesen Bereich unterstützt. „Wir sind ausgesprochen dankbar, dass es uns gelungen ist, uns nun in der Neuroradiologie so zu positionieren“, sagt dazu Geschäftsführerin Brigitte Angermann. „Für die Menschen, die im Einzugsbereich unseres Klinikums leben und einen Schlaganfall erleiden, können wir nun eine noch bessere Versorgung bieten.“

Die Thrombektomie kann schwere Behinderungen nach einem Schlaganfall vermeiden, indem sie eine verstopfte Hirnarterie von einem Blutgerinnsel (Thrombus) befreit, erläutert die DSG. Möglichst schnell soll dieses Verfahren möglichst vielen Patienten zugutekommen. Rund 80 Prozent aller jährlich 250.000 Schlaganfälle werden in Deutschland durch ein Blutgerinnsel, das ein Blutgefäß verschließt, verursacht. Als Folge können Teile des Gehirns nicht mehr mit Blut versorgt werden. In solchen Fällen bestand bisher die beste Behandlung darin, die Patienten möglichst rasch mit einer sogenannten Lysetherapie zu behandeln. Der Wirkstoff des Medikaments, das dabei verabreicht wird, kann Blutgerinnsel in den Hirnarterien auflösen. Lysetherapie ist in allen deutschen Schlaganfalleinheiten seit Mitte der 1990er-Jahre Standard. Allerdings können mit dieser Therapie tatsächlich nicht alle der großen Blutgerinnsel beseitigt werden. In etwa fünf bis zehn Prozent der Fälle kommt bei diesen Patienten zusätzlich zur Lyse-Therapie noch die Thrombektomie in Betracht.

Die Thrombektomie gilt deshalb als neue Ära in der akuten Schlaganfallbehandlung. Spezialisierte Neuroradiologen schieben von der Leiste aus einen Katheter bis an die Stelle des Gehirns, wo das Blutgerinnsel eine Arterie blockiert hat. Der Katheter durchbohrt den Thrombus und umschließt das Gerinnsel mit einem sogenannten Stent wie ein Drahtkäfig. Wenn das geschehen ist, kann der Arzt das Gerinnsel absaugen. Das Blutgefäß ist wieder frei. Fast 90 Prozent der Gefäße können mit dieser Methode wieder freigemacht werden, haben Studien ergeben. Gleich fünf wissenschaftliche Untersuchungen haben aufgezeigt, dass vielen Patienten durch die mechanische Thrombektomie schwerwiegende Behinderungen infolge des Schlaganfalls erspart geblieben sind.

Der Beginn eines Schlafanfalls ist laut Dr. Schocke oft ein Blutgerinnsel, das meist vom Herzen aus oder auch von der Halsschlagader ins Gehirn „verirrt“. Das löst den Schlaganfall aus. Wenn es passiert ist, sind die Folgen für den Patienten oft sehr gravierend: Lähmungen, Sprachstörungen und vieles mehr gehen oft mit einem Schlaganfall einher. Wie schlimm die Folgen sind, hängt dabei auch entscheidend davon ab, wie schnell ein Mensch nach einem Schlaganfall in einer Stroke-Unit behandelt werden kann. Eine zetifizierte regionale Stroke Unit ist am Kulmbacher Klinikum unter Leitung des neurologischen Chefarztes Dr. Christian Konhäuser seit 2012 etabliert. Mit der Stroke Unit ist das Klinikum auch Teil des Steno-Netzes, einem Schlaganfall-Netzwerk in Nordbayern, das aus drei überregionalen und sieben regionalen Stroke Units sowie weiteren telemedizinisch angebundenen Kliniken in Nordbayern besteht. Mit der Thrombektomie kann nun auch der letzte Baustein zu einer optimalen Schlaganfalltherapie in Kulmbach angeboten werden. „Wenn man das Gerinnsel schnell genug herausfischt, halten sich die Auswirkungen des Schlaganfalls in Grenzen. Im Idealfall gehen die Patienten symptomfrei nach Hause.“

Nachdem er als Chefarzt der Neuroradiologie an der Uniklinik in Ulm diesen wichtigen medizinischen Bereich aufgebaut und installiert hat, sei er dem Angebot aus Kulmbach, hier etwas Ähnliches aufzubauen, gern gefolgt, sagt Dr. Schocke. Einen „alten Freund“ aus Innsbrucker Zeiten, den Leitenden Arzt der Pathologie, Professor Dr. Andreas Gschwendtner, habe er nun wieder getroffen. Schon im März werde auch noch ein Oberarzt, mit dem er schon gearbeitet hat, seinen Dienst in Kulmbach antreten. Jetzt gehe es erst einmal darum, die neue Methode am Klinikum zu installieren. „Das Potenzial in der Region ist sehr hoch, nachdem die Möglichkeit einer Thrombektomie aktuell in Ostoberfranken nicht angeboten wird und Patienten nach Erlangen oder andere Kooperationskliniken verlegt werden mussten.

Das benötigte Material ist bereits vorhanden, sagt Dr. Schocke. „Wir könnten im Prinzip loslegen.“ Das geht in den kommenden Wochen erst einmal nur in begrenztem Umfang. Sobald dann im März die ärztliche Verstärkung eingetroffen ist, kann der neue medizinische Bereich am Kulmbacher Klinikum seine Arbeit richtig aufnehmen. „Zwei sind schon mal die richtige Sollstärke für den Anfang“, sagt Dr. Schocke. Dass sich aus diesem bescheidenen Anfang schon bald mehr entwickelt, ähnlich wie das mit der Neurochirurgie, der Pneumologie, der Urologie oder auch der Handchirurgie der Fall gewesen ist, sei nicht ausgeschlossen, sagt Dr. Schocke.

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