Gegen den Kollaps Frisches Gemüse fürs Weltklima

Von Stefan Linß
Zum Angebot des Patersberghofs in Veitlahm gehören auch die Milchprodukte von Biobauer Christian Jundt. Foto: Stefan Linß Quelle: Unbekannt

Die Transition-Town-Bewegung hat richtig große Ziele. Nachhaltigkeit, Umweltschutz, regionale und lokale Wirtschaftskreisläufe und die Energiewende gehören dazu. Auch Kulmbach ist nun Teil der weltweiten Initiative. Die einzelnen Projektgruppen können erste Erfolge vorweisen.

 
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KULMBACH/VEITLAHM.

Transition heißt Übergang oder Wandel. Solange die internationale Politik keine Lösungen anbietet, den Klimakollaps und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu stoppen, kommt es eben auf die Kommunen an, sagt Rob Hopkins.

Der Wissenschaftler und Umweltaktivist hat in seiner Heimatstadt in Großbritannien 2005 die erste Transition-Town ins Leben gerufen. Vom Vereinigten Königreich breitete sich die Idee zuerst in die USA, nach Australien und Kanada aus. Wie das Transition-Netzwerk mitteilt, sind in Deutschland mittlerweile 150 Städte dabei.

In Oberfranken ist die Bewegung in Bamberg und Bayreuth schon länger aktiv. Jetzt ist sie in Kulmbach angekommen. Spätestens, wenn das Erdöl eines Tages ausgeht, bricht das postfossile Zeitalter an.

Den Wandel aktiv gestalten

Damit der Übergang gut klappt, brauche es nachhaltige Strategien. Jeder dürfe mitmachen und den Wandel aktiv gestalten, sagt die Kulmbacherin Franziska Schumm, die zu den Initiatorinnen gehört. Die neue und unabhängige Bewegung trägt den Namen "Tra.Ku.La.", das steht für "Transition Kulmbacher Land".

"Wir verlieren uns nicht in endlosen Debatten über die besten Vorgehensweisen, sondern wir schaffen Tatsachen", teilt Tra.Ku.La. mit. Die Initiative versteht sich als Netzwerk, das frei ist von Hierarchie und starren Strukturen. Vielmehr soll es die einzelnen Ideen bürgerschaftlichen Engagements bündeln und eine Basis bieten.

"Formelle Mitgliedschaften gibt es bei uns nicht", sagt die Tra.Ku.La.-Bewegung. Jeder könne sich und sein bestehendes Netzwerk einbringen und sofort loslegen. Rund um Kulmbach arbeiten bereits mehrere Gruppen an der Vision einer lebenswerten Zukunft.

Dazu gehört der Patersberghof in Veitlahm. So wie bei Tra.Ku.La. gibt es auch dort eine entsprechende Abkürzung. "SoLaWi" ist die "Solidarische Landwirtschaft in Kulmbach". Sie entsteht am Demeter-Bauernhof.

Traum in die Wirklichkeit umgesetzt

Ein Traum werde in die Wirklichkeit umgesetzt, heißt es dort. Vergangenen Mittwoch haben sich die Mitstreiter im Adam-Schneider-Saal erneut getroffen, um ihre nächsten Schritte zu besprechen.

SoLaWi funktioniert über Jahresbeiträge, die private Verbraucher an den landwirtschaftlichen Betrieb zahlen. Dafür erhalten sie marktunabhängig ihren Ertragsteil von der Ernte. "Das bringt uns mehr Sicherheit", sagt Gemüsegärtner und Demeter-Landwirt Wolfgang Wänke im Gespräch mit dem Kurier. Gerade ist der damit beschäftigt, die frischen Mairübchen, Radieschen und Kohlrabi zu ernten. Alle Erzeugnisse werden ökologisch erzeugt und nur im nahen Umkreis verkauft.

Saisonal, regional und naturverbunden geht es nicht nur bei Familie Wänke zu. Auch die Bio-Bauern-Familie Jundt trägt ihren Teil bei. Zum gesamten Patersberghof gehören neben der Gemüsegärtnerei auch eine Bäckerei und eine Käserei sowie Schweine und Kühe.

Aus sich selbst heraus existieren

Die Idee dahinter: Der Hoforganismus soll aus sich selbst heraus existieren. Er soll die essenziellen Dinge wie Futter für die Tiere, Dünger für die Äcker und Saatgut für die Feldkulturen eigenständig hervorbringen. Damit und mit ihrem Weg zur solidarischen Landwirtschaft passen die Veitlahmer sehr gut zur Transition-Town-Bewegung.

Gärtnern dürfen im Rahmen der Kulmbacher Tra.Ku.La.-Bewegung nicht nur die Profis. Ein Mitmachprojekt richtet sich an alle Kindergruppen und Schulklassen. Die jungen Leute greifen das Thema "Urban Gardening" auf, also die gärtnerische Nutzung von Flächen in der Stadt. Alle Teilnehmer erhalten Pflanzcontainer. Darin sollen sie biologisch und nachhaltig mit natürlichen Düngemitteln und samenfesten Sorten ihre Pflanzen züchten.

Die Initiative Dorfdefi aus Mainleus gehört ebenfalls zu den Tra.Ku.La-Gruppen. Ziel ist es, öffentlich zugängliche Defibrillatoren sowie das Wissen über Erste Hilfe zu verbreiten. Die Defis können bei Herzanfällen die Überlebenschancen des Patienten steigern.

Den Wandel zur umweltfreundlichen Mobilität haben Jürgen Tesarczyk und Astrid Pfitzer vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) im Sinn. Sie beteiligen sich an der Transition-Town-Bewegung, um ein Radwegenetz im Kulmbacher Land auf den Weg zu bringen. Auch Carsharing und der Ausbau von Bus- und Bahnverbindungen steht auf ihrer Agenda. "Ich finde es toll, dass sich so viele Leute auf diese Art engagieren. Die Gruppen sind ganz bunt gemischt", sagt Jürgen Tesarczyk.

Gleichgesinnte finden

Wer sich mit seiner Kreativität beteiligen will, findet bei der Kulmbacher Transition-Town-Initiative ebenfalls Gleichgesinnte. Susanne Benker will in der Mal- und Fotogruppe den Stresspegel herunterfahren.

"Die Gruppe lädt ein, Gerüche, Farben, Klänge und Formen der Umgebung mit allen Sinnen wahrzunehmen. Wir lassen uns durch Wolken, Bäume, Blätter, Wasser und vieles mehr inspirieren, selbst mit Pinsel, Stift, Farbe oder Kamera kreativ zu werden", sagt sie. Der Kopf werde frei und eröffne Platz für neue Ideen.

Das Schonen von Ressourcen ist die Idee hinter dem Repair-Café. Die Teilnehmer wollen kaputte Dinge vor der Mülltonne retten und reparieren.

Die ersten lokalen Projekte laufen. Viele weitere sollen dazukommen, um das Kulmbacher Land für den Wandel fit zu machen. Tra.Ku.La will trotz des blutrünstigen Namens, der an Graf Dracula erinnert, alles anders als furchterregend sein, sondern lieber anregend und aufregend.


Mitmacher gesucht

Wer sich an der Initiative beteiligen möchte oder neue Ideen einbringen will, kann sich an "Tra.Ku.La. - Transition Kulmbacher Land" wenden unter der E-Mail-Adresse transitionkulmbach@posteo.de oder telefonisch unter 09221/960369. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.transition-kulmbach.de.

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