Hannover-Sportchef muss gehen Vom Manager-Coup zum Schuldigen: 96 schmeißt Heldt raus

Hannover 96 trennte sich von Manager Horst Heldt. Foto: Peter Steffen Foto: dpa

Der angekündigte Neuanfang beim wahrscheinlichen Bundesliga-Absteiger Hannover 96 startet mit der Beurlaubung von Sportchef Heldt. Dessen seltsame, gut zweijährige Amtszeit endet mit beißender Kritik von 96-Chef Kind. Ein Nachfolger soll bald gefunden sein.

 
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Hannover - Als Manager-Coup galt Horst Heldt bei Hannover 96 schon lange nicht mehr, jetzt muss er beim Tabellenletzten für den Neuanfang weichen. Am Ende wirkte Club-Zampano Martin Kind schon fast verbittert, wenn er über den nun beurlaubten Sportchef redete.

Seit langem scheint für 96-Hauptgesellschafter Kind festzustehen: Heldt ist der Hauptschuldige für den Absturz und den kaum mehr zu verhindernden sechsten Abstieg seines Clubs aus der Fußball-Bundesliga. Nach Wochen der öffentlichen heftigen Kritik muss Heldt den Liga-Letzten vorzeitig verlassen.

Ein Nachfolger für den 49 Jahre alten Heldt, dessen Vertrag noch bis 2021 läuft, soll spätestens bis Ostern, auf keinen Fall aber noch in dieser Woche gefunden und präsentiert werden. Als Nachfolger sind mehrere Kandidaten - zumindest bei den örtlichen Medien - im Gespräch: Dietmar Beiersdorfer, Klaus Allofs oder der frühere 96-Coach Dieter Hecking, der am Saisonende als Trainer von Borussia Mönchengladbach gehen muss. "An Spekulationen zu Namen werden wir uns nicht beteiligen", teilte 96 mit. Auch Club-Patron Kind wollte sich am Dienstag nicht äußern. Stattdessen bekam Heldt per Pressemitteilung noch einmal dessen ganzen Frust zu spüren.

"Die Zielsetzung der Fußball-Bundesligasaison 2018/19 war, einen gesicherten Tabellenmittelplatz zu erreichen. Die Sportliche Leitung hat versichert, dass dieses Ziel mit den Transfers erreicht wird und die Mannschaft konkurrenzfähig ist. Diese Einschätzung hat sich nicht bestätigt", teilte der Club offiziell mit.

Heldt ist damit das bislang zweite Opfer einer katastrophalen Saison Hannovers. Bereits zu Jahresbeginn musste Trainer André Breitenreiter gehen, er wurde durch den glücklosen Thomas Doll ersetzt. Mit dieser Personalie soll sich Heldt dem Vernehmen nach intern gegen Kind durchgesetzt haben. Dolls traurige Bilanz seit Januar: Acht Niederlagen mit 7:24 Toren in neun Spielen.

Einen erneuten Trainerwechsel soll es in dieser Saison nicht mehr geben. Stattdessen startet Kind nun den Neuaufbau für die zweite Liga. Mit der Bundesliga schloss der 74 Jahre alte Unternehmer bereits am Samstag nach dem 1:3 beim VfL Wolfsburg ab, obwohl noch sechs Partien zu spielen sind. "Es gibt ja Wunder, aber an Wunder glaube ich nur begrenzt", sagte Kind angesichts nur 14 Punkten aus 28 Spielen und sieben Zählern Rückstand auf den Relegationsrang. "Fußball geht weiter, für uns leider in der zweiten Liga."

Beim Neuanfang dürfte die erste Amtshandlung des künftigen Sportchefs darin bestehen, einen Nachfolger für Doll zu finden. Dass es für den Ex-Nationalspieler trotz Vertrages bis 2020 nach einem Abstieg mit 96 dort weitergeht, glaubt er anscheinend selbst nicht. "Wenn ich jedes Spiel verliere, weiß ich nicht, ob ich dann der Richtige für den Neuaufbau bin", sagte Doll am Sonntagabend im NDR-"Sportclub".

Sein bisheriger Fürsprecher Heldt erlebte einen jähen Abstieg binnen einer seltsamen Amtszeit. Gut zwei Jahre war der frühere Profi im Amt. Gleich zu Beginn trennte sich Heldt vom damaligen Coach Daniel Stendel, da der damalige Zweitligist den fest eingeplanten Aufstieg zu verpassen drohte. Mit Breitenreiter als Trainer gelang schließlich der Wiederaufstieg und der mehr oder weniger souveräne Klassenverbleib in der vergangenen Saison. Dennoch gab es da bereits etliche Reibungsverluste. Zweimal wollte Heldt weg von 96 und Kind: einmal zu seinem früheren Club 1. FC Köln, einmal nach Wolfsburg. Beide Male stellte sich Kind quer. Eine zuvor angekündigte Beförderung zum Geschäftsführer war da schon kein Thema mehr.

Angesichts der verkorksten aktuellen Saison folgte dafür öffentlich geäußerte beißende Kritik vom 96-Chef für Heldt, dessen Verpflichtung im März 2017 noch als vermeintlicher Coup gefeiert worden war. Die aktuelle Spielzeit aber sei laut Kind "sportlich wie wirtschaftlich desaströs". Einkäufe wie der Brasilianer Walace, der Japaner Takuma Asano oder der Österreicher Kevin Wimmer haben 96 nicht verstärkt, aber zu einem Jahresverlust von rund 18 Millionen Euro geführt. "Die aktuelle Mannschaft ist kaputt, schlecht zusammengestellt und gescheitert. Und das bei der teuersten Mannschaft, die wir je hatten", ist einer der Sätze Kinds über Heldts Arbeit.

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